„Ich hab dein Knie geseh‘n!“

Ein Kleinod in den Beständen des Erzbistumsarchivs Paderborn ist die Kleiderordnung für Frauen aus dem Jahr 1926

Bischof Caspar Klein wandte sich 1926 an die Menschen im Bistum und rief zur Bekämpfung der gegenwärtig herrschenden Modeunsitten auf.
Quelle: Erzbistumsarchiv Paderborn (EBAP), Nachlass Caspar Klein, Nr. 34, 1926

Wer jetzt von den Badestränden des Mittelmeers zurückkehrt, hat sie noch frisch in Erinnerung, diese Schilder, die praktisch vor jeder Kirche in Südeuropa stehen. Dargestellt sind stilisierte Personen, wobei die Männer in Badehose und Frauen in Bikini mit dicken roten Balken durchgestrichen sind. Verboten sind obendrein das Eisessen, das Telefonieren mit dem Handy oder das Hören von Musik. Diese Verbotsschilder stehen nicht von ungefähr vor den Kirchen. Tatsächlich soll es Menschen geben, die keine Hemmungen haben, in Badeklamotten durch ein Gotteshaus zu latschen und den Raum mit irgendeinem Sommerhit zu beschallen.

Eine Kleiderordnung gab es auch im Jahr 1926 im damaligen Bistum Paderborn. Es wandte sich aber nicht an Badende. Sondern gegen die Mode und Lebensweise der Flapper. Markenzeichen dieser jungen Frauen waren der Bubikopf und die Zigarettenspitze. In den Wilden Zwanzigern fuhren die emanzipierten jungen Frauen ganz undamenhaft Auto oder Fahrrad, gingen einer Erwerbsarbeit nach, tranken Alkohol, lehnten sich keck gegen Autoritäten auf und tanzten in hauchdünnen Kleidchen Charleston, als gäbe es kein Morgen. Weiterlesen

Migrationsgeschichte(n) des Siegerlandes:

Studentische Werkstatt-Ausstellung im Siegerlandmuseum


Wie wird Migration als fester Bestandteil der Region sichtbar? Mit dieser Frage beschäftigten sich Studierende des medienwissenschaftlichen Bachelorseminars „Migrationsgeschichte(n) des Siegerlandes“, das in diesem Sommersemester unter der Leitung von Veronika Lichtenwald und in Kooperation mit dem Siegerlandmuseum und den Siegener Integrationsagenturen an der Universität Siegen stattgefunden hat.

Ausgangspunkte für die Projekte der Studierenden bildeten die Ausstellung Siegen. Fremde? Heimat? des Siegerlandmuseums sowie die Wanderausstellung Meine Geschichte. Deine Geschichte. Unsere Geschichte. der Integrationsagenturen.

Im Rahmen des Seminars lernten die Studierenden die Arbeit des Museums kennen und wurden selbst konzeptionell und gestalterisch aktiv. Denn: Die Ergebnisse sind ab sofort als Werkstatt-Ausstellung im „Forum“ zur Sonderausstellung Siegen. Fremde? Heimat? im Siegerlandmuseum zu sehen. „Wir freuen uns sehr über die kreativen Beiträge der Studierenden“, so Kristin Schrimpf, Forschungsvolontärin und Kuratorin der Ausstellung Siegen. Fremde? Heimat? „Das Kooperations-Projekt setzt die partizipative und co-kreative Ausrichtung der Ausstellung auf tolle Weise fort.“ Auch an die interaktiven und digitalen Vermittlungsformen der Ausstellung setzen die Ausstellungsstücke der Studierenden an: So gibt es neben einer Mitmach-Station, an der die Besuchenden selbst Post-its zu der Frage „Respekt ist für mich…“ beschriften und ankleben können, zum Beispiel einen Film zum Thema „Heimat“ und ein Mobile, das von der Decke hängt und von den Besuchenden gedreht und gewendet werden kann. Weitere Themen sind beispielsweise die gemeinschaftsstiftende Wirkung von interkulturellen Kochabenden, Migration und Sport, das Siegener Freundschaftsfest oder auch die Verwendung verschiedener Begriffe in der lokalen Presse über die Jahrzehnte hinweg.  Die Werkstatt-Ausstellung der Studierenden orientiert sich an den Prinzipien der Nachhaltigkeit: Für die Präsentation wurden ausschließlich recycelbare und gebrauchte Materialien verwendet.

„Ich bin begeistert, welche unterschiedlichen Projektideen die Studierenden entwickelt haben und wie sie diese für die Ausstellung aufbereitet haben“, so Veronika Lichtenwald. „Das Seminar und die Werkstatt-Ausstellung  sind tolle Beispiele dafür, wie bereichernd Kooperationsprojekte sein können“, lautet das Fazit von Lali Mgaloblishvili vom Verein für Soziale Arbeit und Kultur Südwestfalen (VAKS). Und auch die Studierenden sind sich einig: „Dass wir unsere Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentieren können, ist etwas ganz Besonderes!“

Zu sehen ist die Ausstellung der Studierenden noch bis zum 29. September im Siegerlandmuseum. Bis dann läuft auch die Ausstellung „Siegen. Fremde? Heimat?“

Quelle: Stadt Siegen, Pressemitteilung, 8.8.24

Wittgenstein 1/2024 erschienen

Inhalt:
Wolfram Martin: Der Blutweiderich – Staudenpflanze des Jahres 2024: Im Hochsommer an Wittgensteins Feuchtgebieten zuhause, S. 2 – 5
Vinzenz Becher: Der lange Weg zur Ächtung der Prügelstrafe. Anmerkungen zu einem Stich von Laasphe, S. 6 – 10
Ulrich Rothenpieler: 200 Jahre „Oberste (Ewerschte)” in Bad Laasphe-Rückershausen, S. 11 – 22
Wolfram Martin: Neue Erkenntnisse über das „Tier des Jahres 2024”: Den Igel, S. 23 – 28
Friedrich Opes: Langewiese entstand ab 1715, S. 29 – 50
Walter Afflerbach: Neue Erkenntnisse zum Familiennamen Schneider in Krämers-Haus in Womelsdorf, S. 51 – 56
Hans Wied: Wittgensteiner Alltagsleben im 16. und im 17. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung des Kirchspiels Feudingen (Schluss), S. 57 – 76
Wilfried Lerchstein: Die Brauerei Bosch in Laasphe. Ein Wittgensteiner Traditionsunternehmen seit 1705, S. 77 – 94
Wolfram Martin: Brunft der Rothirsche im Wittgensteiner Land. „Dos juärliche Wittjesteeena Harschebrelle“, S. 95 – 101

Fachtagung „Wissenschaftliche Aufarbeitung von Kinderverschickung in NRW – eine Zwischenbilanz“

Das LWL-Archivamt für Westfalen und das LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte laden zur Fachtagung „Wissenschaftliche Aufarbeitung von Kinderverschickung in NRW – eine Zwischenbilanz“ ein.

Als Betroffene stehen die Verschickungskinder im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Tagung, die schwerpunktmäßig die Quellenlage in den Archiven sowie den aktuellen Forschungsstand vermittelt, gleichzeitig darüber hinaus weitere Forschungen anregen soll.

Die Fachtagung findet am 2. und 3. Juli 2024 im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster statt.

Literaturhinweis: Gesundheit, Unterhaltung, Erholung:

Kurorte als gesellschaftliche Treffpunkte vom 18. bis zum 21. Jahrhundert

In Kurorten wie Bad Eilsen, Bad Meinberg oder Baden-Baden begegnen sich seit dem 18. Jahrhundert Vorstellungen von Krankheit und Gesundheit, von Exklusion und Inklusion, Wandel und Beharrungskraft, Freizeit und Arbeit, Luxus und Austerität. Bis heute sind Kurorte wichtige Wirtschaftsfaktoren, Marker einer wechselvollen Tourismusgeschichte und Orte politischer Auseinandersetzung.
Der Band behandelt politik-, wirtschafts-, sozial- und kulturgeschichtliche Aspekte: Wie veränderten Gesundheitskonzepte und politische Bedingungen die Kurorte? Welche sozialen Deutungen wurden mit ihnen verknüpft? Wie strahlten sie auf ihr Umfeld aus? Welche Gruppen nahmen am Kurleben teil? Worin bestanden dessen Schattenseiten? Diese und weitere Fragen werden anhand ausgewählter Fallstudien aus Schaumburg, Westfalen und anderen Regionen in Deutschland und Europa untersucht.

Aus dem Inhalt:
Winfried Süß: Abschied vom Zauberberg. Drei deutsche Kurgeschichten im 20. Jahrhundert.
Lu Seegers: Prominenz und Glamour in Bad Eilsen.
Anna Michaelis: Wellness – a word you don`t hear everyday? Wellness, Gesundheitskonzepte und Gesundheitspolitik von den 1970er bis zu den 2000er Jahren.

Herausgegeben von Lu Seegers, Matthias Frese und Malte Thießen
Reihe: Kulturlandschaft Schaumburg; Bd. 29
430 S., 49 z.T. farb. Abb., geb., Schutzumschlag, 15,5 x 23 cm
ISBN 978-3-8353-5564-4

Quelle: Verlagswerbung

LWL-Publikation über „Kleine Leute in Westfalen“ erschienen

Über Biografien werden Orte, Taten, aber auch Museumsobjekte besser verständlich und leichter erfahrbar. Einem solchen biografischen Ansatz folgt eine neue Publikation des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL): „Kleine Leute in Westfalen“ über das „Leben in bescheidenen Verhältnissen“. Mit dem Band setzt das LWL-Museumsamt seine Schriftenreihe „Biografien-Box“ fort.

Diese Reihe beschäftigt sich mit Menschen, zu denen Objekte in westfälischen Museumssammlungen überliefert sind. „Die Biografien sind sehr zugänglich und liefern regionale oder individuelle Bezugspunkte. So helfen sie, auch komplexe historische Sachverhalte einer breiten Leserschaft zu erschließen“, sagt LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger.

Am Beispiel der Lebensgeschichten von 72 Menschen wird das Leben in bescheidenen Verhältnissen vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart vorgestellt. Fachautorinnen und -autoren porträtieren Personen aus der breiten Bevölkerung Westfalen-Lippes: Arbeiterinnen und Arbeiter, Kötter und Heuerlingsfrauen, Bergleute, Hausangestellte, Armenhausbewohnerinnen, kleine Händlerinnen und Händler. „Die Biografien zeugen vom Lebenskampf sogenannter ‚Kleiner Leute‘, aber auch von Heiterkeit, Lebensfreude und Erfolg – und nicht selten vom Stolz auf ihre Lebensleistung“, so Herausgeberin Dr. Ulrike Gilhaus, ehemalige Leiterin des LWL-Museumsamtes. Weiterlesen

Freudenberg im Zeitgeschehen 1/2024 erschienen

Aus dem Inhalt:

Gerhard Berg: Gastronomiebetriebe im Stadtgebiet Freudenberg, S. 5 – 15

Bernd Brandemann: „Corona“ hielt auch Freudenberg in Atem, S. 25 – 37

Günter Schneider: Der Rindvieh-Versicherungsverein von 1853, S. 39 – 41

Online-Film: „Wer recht in Freuden wandern will

– Jugendherbergen im Sauerland“ (1952)

„Dieser neue „Filmschatz“ führt uns in die Welt der westfälischen Jugendherbergen in den 1950ern. Mehr als 40 Jahre nach der Eröffnung der ersten Jugendherberge der Welt, hatte sich in Westfalen schon ein Netz an Jugendherbergen ausgebildet. Um auf diese Herbergskultur hinzuweisen und auch für diese zu werben, produzierte das Jugendherbergswerk Westfalen-Lippe im Jahr 1952 diesen Werbefilm. Die Produktion von Filmen, aber auch von Fotografien und Illustrationen, gehörte seit den 1920ern zu den Werbestrategien des Herbergswerks. Neben der Bewerbung der Herbergen, soll der Film aber auch über die dort geltenden Regeln aufklären. Das sehen wir anhand einer inszenierten Gruppe von Jungs, welche wir bei ihren Aufenthalten in den Jugendherbergen von Bilstein und Altena begleiten.

In der Reihe „Filmschätze“ des LWL-Medienzentrumsveröffentlichen wir ausgewählte Dokumentar-, Kurz- und Amateurfilme vergangener Jahrzehnte in voller Länge auf YouTube. Charakteristisch für die Filmauswahl ist, dass die „Filmschätze“ Themen aus Westfalen in den Fokus rücken, aus ihrer Entstehungszeit heraus in den Blick nehmen und ein gewisses Zeitkolorit transportieren.“

Über den Entstehungs-Kontext des Films hat Markus Köster (LWL-Medienzentrum einen kleinen Aufsatz vorgelegt
https://content.e-bookshelf.de/media/reading/L-8178115-2dccafc0d3.pdf

Zum Mitbegründer des Jugendherbergswerks, Wilhelm Münker aus Hilchenbach, sind auf siwiarchiv einige Einträge erschienen

Wanderausstellung „Kinderkuren in Westfalen“

Für die Ausstellung sind persönliche Dinge, Geschichten und Erinnerungen sehr wichtig. Fotoalbum und private Aufnahmen aus dem Kuralltag (die Gesichter wurden unkenntlich gemacht).
Foto: Westfälische Salzwelten

LWL sucht Objekte, Fotos und Geschichten
Zwischen den 1950er und den 1990er Jahren wurden Millionen Kinder in Deutschland zur Erholung in Kinderkurheime und Kinderheilstätten verschickt, auch in und aus Westfalen-Lippe. Eine Wanderausstellung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) mit dem Titel „Kinderkuren in Westfalen“ widmet sich ab Oktober 2024 dem Thema. Ausstellungsmacher Dr. Hauke Kutscher vom LWL-Museumsamt für Westfalen sucht dazu nach Objekten, Fotos und Geschichten sowie Zeitzeug:innen.

Seit einigen Jahren werden in der Öffentlichkeit zunehmend die Schattenseiten des Kinderkurwesens thematisiert: Zahlreiche Betroffene berichten von Demütigungen, Misshandlungen und Gewalt, die sie in den Einrichtungen erfahren mussten. Initiativen von ehemaligen Kurkindern engagieren sich für eine Anerkennung des erlittenen Leids und bieten ein Forum für die gesellschaftliche Auseinandersetzung. Erst in jüngster Zeit hat die wissenschaftliche Aufarbeitung des Geschehens begonnen. Auch in Westfalen gab es, die mehrere Jahrzehnte lang Kinderkurheime. Und umgekehrt wurden Kinder aus Westfalen in andere Regionen geschickt. Wie erlebten diese Kinder den Alltag in den Heimen? Und wie konnte es zu den geschilderten Übergriffen kommen? Die Ausstellung „Kinderkuren in Westfalen“ widmet sich der Geschichte des Kinderkurwesens und der Kinderverschickung aus westfälischer Perspektive. Als Wanderausstellung ist sie zwischen Oktober 2024 und März 2026 in acht Museen in Westfalen-Lippe zu sehen. Sie wird in Kooperation mit dem Museum Westfälische Salzwelten in Bad Sassendorf und dem LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte erarbeitet. Weiterlesen