Psychotherapie bei Holocaust-Überlebenden und Kriegskindern

Wie wirken sich die traumatischen Erfahrungen des Holocaust und des Zweiten Weltkriegs bis heute auf Überlebende und ihre Nachkommen aus? Ein Interview mit Prof. Dr. Simon Forstmeier, Entwicklungspsychologe an der Universität Siegen, zum 80. Jahrestag des Kriegsendes in Europa am 8. Mai.

Prof. Simon Forstmeier (c) Sascha Hüttenhain

Psychologe Prof. Dr. Simon Forstmeier erklärt, warum das Gehirn extreme Erlebnisse „wegsperrt“, wie diese unverarbeiteten Erinnerungen Jahrzehnte später wieder auftauchen – und welche Therapieansätze helfen, das Chaos im Gedächtnis zu ordnen.

Wie gelingt es Menschen, den Holocaust zu verarbeiten – ein Trauma, das so unfassbar grausam ist, dass Außenstehende es kaum begreifen können? Gibt es psychologische Mechanismen oder Überlebensstrategien, die dabei eine besondere Rolle spielen?

Prof. Dr. Simon Forstmeier: Ein so schweres Trauma wie der Holocaust – oder eine Serie solcher Traumatisierungen – überfordert fast jedes Gehirn. Es kann diese Erlebnisse nicht so verarbeiten, wie es das bei alltäglichen Belastungen tut. Das Gehirn muss das Erlebte notfallmäßig vom Bewusstsein „wegsperren“. Das führt dazu, dass Erinnerungen an das Erlebnis sehr fragmentiert und unverarbeitet im Gedächtnis abgespeichert werden. Das ist eine Überlebensstrategie, die zunächst nützlich ist. Das Problem ist dann aber, dass Teile der unverarbeiteten Erinnerungsfragmente unwillkürlich in das Bewusstsein stoßen und als Wiedererleben erlebt wird (Flashbacks, Albträume).
Traumapatient*innen erklärt man dieses Phänomen gerne mit einer Metapher: Normalerweise speichert das Gehirn Erinnerungen wie ordentlich einsortierte Kleidung in einem Schrank – sie sind zugänglich und geordnet. Während des Traumas werden die Erinnerungen nicht regulär abgelegt, sondern chaotisch „in den Schrank geworfen“, ohne richtige Einordnung. Manchmal wird die Tür gewaltsam zugeschlagen, um das Chaos nicht zu sehen. Nach dem Trauma kann die Tür des Schranks plötzlich aufspringen (z. B. durch Trigger), und die ungeordneten Erinnerungsfragmente fallen unkontrolliert heraus – das entspricht Flashbacks oder Intrusionen. Ziel der Therapie ist, schrittweise den „Schrank“ zu öffnen, die Erinnerungen zu betrachten, zu sortieren und in eine verständliche Ordnung zu bringen. So verlieren sie ihre überwältigende Kraft und können in die Lebensgeschichte integriert werden. Weiterlesen

Literaturhinweis: Klaus Vondung: Begegnungen (2025)

Der Band versammelt eine Reihe von Personen, denen der Autor im Lauf seines beruflichen Lebens begegnet ist und die ihn beeindruckten, beeinflussten, inspirierten, bereicherten. Die Begegnungen erfuhren ihren Niederschlag in Laudationes, Ansprachen, Nachrufen, Briefen und Erfahrungsberichten – ein kleines Kaleidoskop intellektuellen Lebens.

Es sind Personen, die zugleich auf Grund ihrer Persönlichkeit, ihrer Biographie, ihres Werks von Bedeutung sind. Die Begegnungen erfuhren ihren Niederschlag in Laudationes, Ansprachen, Nachrufen, Briefen, Erfahrungsberichten. So ist ein kleines Kaleidoskop intellektuellen Lebens des vergangenen halben Jahrhunderts entstanden.

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Straßennamen und Raubkunst – 2 Themen im Siegener Kulturausschuss

Heute beschäftigt sich der Kulturausschuss der Stadt Siegen mit zwei historisch relevanten Themen:
1) Abschluss einer Schiedsvereinbarung(„stehendes Angebot“) für Verfahren von NS-Raubgut
“ …. Der Deutsche Städtetag hat seinen Mitgliedsstädten mit Schreiben vom 25.3.2025 mitgeteilt, dass am 26.März 2025 ein Verwaltungsabkommen zwischen Bund, Länder und Kommunen unterzeichnet werden soll, welches eine Schiedsgerichtsbarkeit in stritten Rückgabefällen von NS-Raubgut einsetzt. Das neue Verfahren löst die bisherige Beratende Kommission für NS-Raubgut ab und soll für mehr Rechtssicherheit sorgen.
Der Deutsche Städtetag empfiehlt den Kommunen, die Voraussetzung für die Tätigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit zu schaffen, indem sie eine Erklärung zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung im Sinne von § 1029 ZPO“ (stehendes Angebot) unterzeichnen. Betroffen sein kann im Falle der Stadt Siegen das stadteigene Siegerlandmuseum. Die Direktion kommt zu folgender Beurteilung:
„Mit der Unterzeichnung verpflichtet sich die Stadt Siegen zu einem Schiedsverfahren und der Entscheidung, dieses Schiedsverfahren zu verfolgen, im Falle, dass gegenüber der Stadt Siegen der Verlust von Kulturgut geltend gemacht, der zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 eintrat und zwar wegen der Verfolgung aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen oder der sexuellen Orientierung des / der Eigentümer/-in. Leihgaben, die sich im Bestand des Siegerlandmuseums befinden, sind von der Verfahrensanwendung ausgenommen. Daher bestehen seitens der Museumsleitung keine Bedenken, die Schiedsvereinbarung zu unterzeichnen.“
Die Verwaltung empfiehlt dem Rat, die Unterzeichnung der Erklärung zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung durch den Bürgermeister gemäß vorliegenden Formular zu beschließen ….“

2) Benennung von Straßen – Beratung der Textfassungen aus dem Abschlussberichts des Arbeitskreises Straßenbenennung: Weiterlesen

„Neue Heimatlandseite“ der Siegener Zeitung –

Warum es sich nicht (?) mehr lohnt, samstags diese regionalgeschichtliche Seite zu lesen.

Seit dem 12. April 2025 hat die Siegener Zeitung das Konzept der regionalgeschichtlichen Rubrik geändert. Sie schaut nun dorthin, „wo Heimatgeschichte festgehalten wird und wurde, wie nirgendwo sonst:“ in ihr eigenes Archiv.
Offensichtlich verzichtet man nun auf die oftmals gehaltvollen Beiträge engagierter Heimatforscher (wie Wilfreid Lerchstein, Erwin Isenberg, Friedrich Weber usw …..). und ersetzt diese durch den Wiederabdruck „historischer“ Artikel. Diese alten Artikel bleiben dabei ohne eine Einordnung oder gar einen Verweis auf den aktuellen Forschungsstand. So erfolgte am 3. Mai die erneute Veröffentlicheung Hans-Martin Flenders Artikels „Knochen vieler Heiliger an Bord. Unersetzliche Kunstschätze im Hainer Hüttenstollen“ vom 7. Mai 1995. Eine Literaturzusammenstellung zum Thema findet sich hier und eine Suche auf siwiarchiv hätte viele auswertbare Links erbracht.
Auch das überaus selbstbewusste Archivverständnis der Zeitung ist zu hinterfragen.
Dies ist also in mehrfacher Hinsicht bedauerlich – bei allem Verständnis für diese Entscheidung.

2 Veranstaltungen am morgigen Gedenken an das Kriegsende in Siegen

1) Die Universität Siegen biete eine Veranstaltung zum Thema „Demokratiebildung und Theater“ an. Der Veranstaltungs ist ein Teil der der Aktionswoche „Demokratie stärken“, 5.–9. Mai 2025, der Initiative Historiker*innen für eine demokratische Gesellschaft (hist4dem) :
Die Exkursion besteht aus dem Besuch des Theaterstücks „NSU-Monologe“ und dem anschließenden Workshop zur schulischen Umsetzung.

2) Der VVN Siegerland-Wittgenstein präsentiert im Rahmen seines Veranstaltungsschwerpunktes zum Kriegsende vor 80 Jahren die „Strasse der Befreiung“: Weiterlesen

„Skandalöse“ Auswirkungen der Cyberattacke auf das Stadtarchiv Siegen

Die Siegener Zeitung berichtete am gestern von der Jahreshauptversammlung der Geschichtswerkstatt Siegen folgendes: “ …. Im weiteren Verlauf wurden aus den Reihen der Mitglieder aktuelle Probleme angesprochen: So wurde beklagt, dass rund eineinhalb Jahre nach dem Cyberangriff auf die Verwaltung immer noch nicht die Digitalisate des Stadtarchivs der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Der Vorstand wurde aufgefordert einen Brief an den Bürgermeister der Stadt Siegen mit der Aufforderung zu formulieren, diesen für die Forschungsarbeit skandalösen Zustand zu beenden. Immerhin seien die Quellen des Stadtarchivs mit beträchtlichen Mitteln aus Steuergeldern digitalisiert worden. ….“

Zur Cyberattacke s. folgende Einträge auf siwiarchiv: Weiterlesen

Saisonstart im Technikmuseum Freudenberg

Ein lebendiger Auftakt in die Museumssaison 2025

„Mit großem Elan und voller Vorfreude bereiten sich die engagierten Mitglieder des Technikmuseums Freudenberg auf einen besonderen Tag vor: Heute öffnet das Museum nach der Winterpause wieder seine Tore und begrüßt seine Gäste von 10:00 bis 18:00 Uhr zur Eröffnung der neuen Saison. Nach Monaten der Planung, Vorbereitung und liebevollen Pflege der historischen Exponate heißt es endlich wieder: Technik hautnah erleben!

Bereits seit Wochen herrscht im Museum reger Betrieb – nicht nur in den Werkstätten und Ausstellungsräumen, sondern auch am Telefon. Die Nachfrage ist groß: Zahlreiche Besucherinnen und Besucher – ob als Einzelgäste oder Gruppen – haben ungeduldig angefragt, wann das beliebte Museum endlich wieder seine Türen öffnet. Die Antwort lautet nun: Jetzt ist es so weit!

Für den festlichen Eröffnungstag haben sich die Freudenberger Museumsmacher ein vielseitiges und erlebnisreiches Programm überlegt, das nicht nur Technikbegeisterte aller Altersgruppen ansprechen wird. Neben den bewährten Attraktionen, die das Technikmuseum seit Jahren zu einem Anziehungspunkt für Geschichts- und Technikinteressierte machen, erwartet die Gäste ein besonderes Highlight: Weiterlesen

Historisch wertvolles Exponat für 4Fachwerl-Museum in Freudenberg

Dr. Alettha Bettina Schwacke übergab Siebel-Familienbibel von 1726

Das 4Fachwerk-Museum darf sich über ein neues historisch überaus wertvolles Exponat freuen. Dr. Alettha Bettina Schwacke, die in Berlin lebt, übergab jetzt dem Verein die 1726 in Berleburg gedruckte Familienbibel. Diese begleitete über Generationen die Angehörigen der Familie Siebel in Freudenberg. Bettina Schwacke, die Enkelin von Remko Walter Siebel (1894-1976), ist in Hamburg geboren und verbrachte oft ihre Ferien im Flecken im Hause ihres Großvaters. Ihm gehörte das markante Fachwerkhaus, Oranienstraße 33.

„Die Bibel wurde traditionell an die älteste Tochter in der Familie weitergereicht, um die christliche Erziehung der nächsten Generationen zu unterstützen,“ weiß Bettina Schwacke zu berichten. Beruflich verbrachte die studierte Juristin viele Jahre mit ihrem Mann in Düsseldorf.

Ihre Verknüpfung nach Freudenberg beruht auf zahlreichen Familienzweigen: Dazu zählen zum einen die Siebels. Die Eltern von Remko Walter Siebel waren Walther Alfred Siebel (20.04.1867–11.10.1941) und Alettha Maria, geborene Wildeboer (31.08.1866 -23.11.1895). Deren Vater, Pastor Remko Wildeboer (18.09.1829 – 29.04.1897), stammte aus dem holländischen Delfzijl und brachte den Vornamen „Remko“ in die Familie. Er wurde auf dem Freudenberger Friedhof neben seiner jung verstorbenen Tochter beigesetzt: Alettha Maria verschied mit 29 Jahren, ihr Sohn Remko Walter hatte sein zweites Lebensjahr noch nicht vollendet. Julie (geb. Heuser), die zweite Frau von W.A. Siebel kümmerte sich dann um ihn. Remko Walter Siebel selbst heiratete Frieda Selzer, die Tochter des Fabrikanten Carl Selzer. Weiterlesen

Vortrag: Wie die Welt aus den Fugen geriet – Eine frühe Kritik des Extraktivismus aus den Anden

 

Heute, 20:00 – 21:30 Uhr,Kulturhaus Lÿz, St.-Johann-Straße 18, 57072 Siegen

Eröffnungsvortrag des FORUM SIEGEN | „Zukunftsenergie“

Der Bericht des Club of Rome, der 1972 unter dem Titel „Die Grenzen des Wachstums“ erschien, war nicht die erste Auseinandersetzung mit wachstumsorientierten Wirtschaftspraktiken. In ihrem Vortrag begibt sich Prof.in Dr. Kirsten Mahlke (Universität Konstanz) auf die historischen Spuren einer andinen Kritik und entwickelt eine fundierte Analyse extraktivistischer Umweltverhältnisse.