Hans Hesse; Die Geschichte von drei Sinti und Roma-Familien,

die Opfer von NS-Menschen­versuchen im KZ Auschwitz-Birkenau wurden
36 Seiten, ISBN 978-3-95494-368-5

„Ein schlichtes Grab auf dem Waller Friedhof in Bremen-Walle erinnert an ein NS-Verbrechen. Es ist das Grab der Sintezza Wilhelmine Petermann. Sie starb am 18. Januar 1927. Zu ihrer Beerdigung am 22. Januar 1927 kommen die Mitglieder von sechs Familien zusammen, unter ihnen die Familien Bamberger, Mechau und Petermann.
Das heute älteste, noch erhaltene Sinti-Grab in Bremen legt eine Erinnerungsspur, die zu einem furchtbaren NS-Verbrechen führt. Die Familie Otto und Auguste Mechau, geb. Bamberger – Auguste ist die Schwester von Wilhelmine –wohnt ab 1939 in Oldenburg. NS-‚Wissenschaftler‘ entdecken, dass in der Familie gehäuft Heterochromie (Verschiedenfarbigkeit der Augen) vorkommt. Eine Biologin aus Bremen, Dr. Karin Magnussen, die zu diesem Zeitpunkt am renommierten Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik in Berlin-Dahlem arbeitet, interessiert sich für diese harmlose Augenanomalie. Als die Familie im März 1943 über den Bremer Schlachthof nach Auschwitz-Birkenau in das so genannte „Zigeunerfamilienlager“ deportiert wird, beauftragt sie den dortigen KZ-Lager-‚Arzt‘ Dr. phil. und Dr. med. Josef Mengele, an den Kindern der Familie Menschenversuche vorzunehmen. Auf Magnussens Versuchsanordnung hin tröpfelt er ihnen eine Flüssigkeit in die Augen. In der Folgezeit sterben und/oder ermordet Mengele die Kinder und schickt die Augen an das Institut nach Berlin-Dahlem, wo Magnussen ihre Untersuchungen an ihnen fortsetzt.
Fast alle Teilnehmer an der Beerdigung von Wilhelmine Petermann werden keines natürlichen Todes sterben.
Dieses auf den ersten Blick unscheinbare Grab ist die letzte Spur in Bremen, die an dieses NS-Verbrechen erinnert, und dieses Buch erzählt die Geschichte.“

Vor allem in letzten Kapitel spielt die juritische Aufarbeitung des NS-Verbrechens an den Sinti und Roma durch den Prozess gegen Ernst Augsut König vor dem Siegener Landgericht (1987 – 1991) eine Rolle.
Quelle: Verlagswerbung

Online: Jan Schleusener: „Wir sind die einzige Behörde, die konservativ sein darf, kann und muss“

Die Denkmalämter im Rheinland, in Bayern und Thüringen im Wechsel der politischen Systeme (1920–1960)

„Wie wirkten sich die politischen Umbrüche im Deutschland des 20. Jahrhunderts auf das dezidiert konservative Handeln von Denkmalämtern aus? Untersucht werden die Ämter im Rheinland, in Bayern und Thüringen von den 1920ern bis in die 1950er Jahre. Die zeithistorische Studie, die sich im Kontext der Aufarbeitungsforschung verortet, hinterfragt das Selbstbild der Ämter und zeichnet zudem ihre Genese und Tradition seit dem 19. Jahrhundert nach.“

Vor allem die Geschichte des rheinischen Denkmalamtes ist in Bezug auf den Kunstschutz während des Dritten Reiches in der Region interessant. Dem Hinweis, dass das rheinische Denkmalamt seit Dezember 1944 eine Außenstelle in Siegen-Weidenau hatte, verdient eine weitere Recherche.

Link zu Publikation (PDF): Publikation_Sonderreihe_Denkmalaemter

Quelle: Bundesarchiv, Publikationen

NRW: Landeszentrale für politische Bildung zum Landtag?

In erster Lesung berieten die Abgeordneten des Landtags NRW am 10. Juli 2025 über den Entwurf von CDU, SPD, Grünen und FDP für das „Gesetz zur Stärkung der Unabhängigkeit und Überparteilichkeit der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen“. Es sieht unter anderem vor, die Landeszentrale beim Landtag anzusiedeln.

Link zu Gesetzentwurf und Begründung
Link zum Sitzungprotokoll (S. 59 ff)

Prominente Stimmen fordern Schutz von Originalquellen

Kulturelles Gedächtnis bedroht
Handschriften, Bücher und Akten sind wichtige Zeugnisse unserer Geschichte und Kultur. Doch viele Quellen sind bedroht, etwa durch schleichenden Zerfall und extreme Wetterereignisse. Ohne Förderprogramme droht Kulturgut verloren zu gehen, weil dringend nötige Schutzmaßnahmen nicht durchgeführt werden können. Eine Kampagne rückt jetzt die Bedeutung von Originalquellen in den Fokus.
Die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) macht im Sommer über ihre Onlinekanäle auf die Gefährdung schriftlicher Originale aufmerksam. Zu den Unterstützer·innen der Kampagne zählen prominente Stimmen aus Öffentlichkeit, Politik und Kultur. Weiterlesen

„Wehrhafter Rechtsstaat braucht wehrhafte Archive“

„Fuldaer Erklärung“ des Gesamtvorstandes des Verbandes deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA)

„Eine offene, pluralistische Gesellschaft lebt auch von offenen Archiven. Durch die Nutzung des von ihnen verwahrten Archivguts ermöglichen sie vielfältige Perspektiven und machen das
Funktionieren des demokratischen Rechtsstaats rückblickend transparent und nachvollziehbar. Ein starker und wehrhafter demokratischer Rechtsstaat braucht ebensolche Archive. Sie sind stark, wenn sie in der Lage sind, nach fachlichen und sachlichen Kriterien ihren gesetzlichen Aufgaben nachzugehen, ohne einer direkten Einflussnahme von politischer Seite zu unterliegen.
Wehrhaft sind sie, wenn sie die Prinzipien des demokratischen Rechtsstaats in ihrem Aufgabengebiet aktiv vertreten, sich Feinden des demokratischen Rechtsstaats entgegenstellen und entschieden für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten.
Die Ereignisse der letzten Jahre und Monate führen die Relevanz einer entsprechenden Positionierung eindrucksvoll vor Augen: Seit mehr als drei Jahren herrscht mitten in Europa ein Krieg, in dem auch Museen, Bibliotheken und Archive gezielt angegriffen werden. Seit Beginn dieses Jahres hat die US‐Regierung begonnen, die Forschungsfreiheit faktisch abzuschaffen,
große Mengen öffentlicher Quellen zu löschen, Museen zu schließen und eine ganze staatliche Bildungsverwaltung abzuwickeln.
Wo Extremisten Machtpositionen besetzen, richten sie sich stets gegen die Freiheit von Wissenschaft und Kultur. Das trifft nicht nur auf autoritäre Regime wie in China oder Russland zu, sondern ist ebenso in demokratischen Staaten zu beobachten. Auch in den USA und einzelnen EU‐Staaten beginnen Extremisten damit, die Gesellschaften nach ihrer Agenda zu verändern, sobald sie in Machtpositionen gelangen, und setzen ihre Ankündigungen um. Das gilt auch für Deutschland.
Angesichts der jüngsten Entwicklungen auf internationaler und nationaler Ebene ist es an der Zeit, sich aktiv zu positionieren und sich solidarisch mit betroffenen Kolleginnen und Kollegen und den Institutionen, für die sie arbeiten, zu zeigen. Deshalb befürwortet der VdA internationale Initiativen, die antidemokratischen Bestrebungen entgegenwirken, indem sie wissenschaftliches Arbeiten ermöglichen.
Auch in Deutschland versuchen Extremisten, Einfluss auf Wissenschaft und Kultur zu erlangen. Das Archivwesen muss sein Selbstverständnis als demokratiestützendes Element aktiv wahrnehmen. Abwarten und Rückzug sind angesichts zunehmender Angriffe auf die demokratische, offene und pluralistische Gesellschaft keine Option. Der VdA schärft mit der „Fuldaer Erklärung“ und der Anpassung seines Leitbilds sein Bekenntnis zu einem freiheitlich‐demokratisch ausgerichteten, faktenorientierten und nach wissenschaftlichen Prinzipien arbeitenden Archivwesen. Einer ideologischen Beeinflussung archivischer Methoden ist entschieden entgegenzuwirken. Die Überlieferungsbildung, die Erschließung und Bewahrung von Archivalien sowie ihre Zugänglichkeit erfolgen unabhängig von externer politischer Einflussnahme und orientieren sich ausschließlich an fachlichen Maßstäben.
Darüber hinaus appelliert der VdA an seine Mitglieder, sich für ein von gegenseitiger Achtung geprägtes Miteinander von unterschiedlichen Nationen, Kulturen, Weltanschauungen, Religionen und sexuellen Orientierungen einzusetzen und sich jedweder Form von individueller und gruppenbezogener Diskriminierung, Ausgrenzung und Hass entgegenzustellen. Ansichten und Aktivitäten, die diesen Grundsätzen diametral widersprechen, haben im VdA keinen Platz. Es gilt, die Zivilgesellschaft im freiheitlich‐demokratischen Rechtsstaat zu stärken.
Um dieses Selbstverständnis des Verbandes nach innen und außen deutlich zu zeigen, wird eine demokratiebejahende und demokratieverteidigende Position in das Leitbild des VdA aufgenommen.“

Quelle: VdA, Pressemitteilung, 15. Juli 2025

Literaturhinweis: „Wissensmanagement, Archivbibliotheken und das Überlieferungsfeld Kultur“ (2025)

Der 42. Band der Reihe „Texte und Untersuchungen zur Archivpflege“ (TUA) mit dem Titel „Wissensmanagement, Archivbibliotheken und das Überlieferungsfeld Kultur“ ist erschienen und dokumentiert
die Beiträge des 32. Fortbildungsseminars der Bundeskonferenz der Kommunalarchive (BKK) vom 27. – 29. November 2024 in Göttingen.

Die Publikationsreihe „Texte und Untersuchungen zur Archivpflege“ (TUA) veröffentlicht seit 1993 als Weiterführung der Reihe „Nachdrucke zur westfälischen Archivpflege“ vorwiegend Fachbeiträge zur Archivtheorie und -praxis. In den vergangenen Jahren wurden in der Reihe regelmäßig die Vorträge im Rahmen der jährlich veranstalteten Fortbildungsseminare der Bundeskonferenz der Kommunalarchive (BKK) publiziert. Damit schärft die Reihe ihr Profil als Forum für archivfachliche Diskussionen und Weiterbildungsveranstaltungen.

Quelle: LWL-Archivamt, Aktuelles

Bundestag: Novelle des Kulturgutschutz­gesetzes verabschiedet

Der Bundestag hat am Donnerstag, 26. Juni 2025, die Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes beschlossen. Dem Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD „zur Änderung des Kulturgutschutzgesetzes (21/219) stimmten CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke bei Enthaltung der AfD-Fraktion in geänderter Fassung zu. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien (21/638) zugrunde.

Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD 

Der internationale Leihverkehr mit Kulturgütern zwischen Museen zur Realisierung von Ausstellungs-, Forschungs- und Restaurierungsprojekten soll durch die Novellierung erleichtert werden. In solchen Fällen soll eine Ausfuhrgenehmigung für nationales Kulturgut für zehn statt für fünf Jahre erteilt werden können. Auch eine nachträgliche Verlängerung der Ausfuhrgenehmigung soll ermöglicht werden. Für Kulturgüter, die in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen sind, soll diese Flexibilisierung jedoch nicht gelten. Weiterlesen