Archive als „Leuchtfeuer der Demokratie“ oder „anfällig für innere und äußere Feinde der Demokratie“?

In der Pressemitteilung zum 91. Deutscher Archivtag 2024, der vom 8.10. bis zum 10.10. in Suhl stattfindet, heißt bezugnehmend auf die aktuelle politische Situation nicht nur im gastgebenden Bundesland: “ …. Der Vorsitzender Ralf Jacob nutzt die Gelegenheit, erneut mit Nachdruck auf diese zentrale Rolle der Archive in der demokratischen Gesellschaft aufmerksam zu machen. Die Strahlkraft dieser für unser Gemeinwesen so wichtigen Wissens- und Gedächtnisspeicher wirkt gerade jetzt wie ein Kompass für den politischen Diskurs in diesen Tagen. Archive stehen als Felsen in der Brandung von Fake News und Falschmeldungen.

Immer wieder werden die Grundpfeiler unserer offenen, demokratischen Gesellschaft von vermeintlich neuen, revisionistischen Vergangenheitsdeutungen angegriffen. Wer sind wir? Woher kommen wir? Wo wollen wir hin? Gesellschaften müssen sich ihrer vielschichtigen Identität auch aus der Geschichte heraus vergewissern. „Unsere Identität als demokratisches Land darf nicht infrage gestellt werden“ so Jacob. Archive haben die in Bundes-
und Landesarchivgesetzen zugeschriebene Aufgabe, Erinnerung zu ermöglichen. Sie bewahren Zeitzeugnisse, um Forschung und Erinnerung langfristig für alle zu gewährleisten. Nur so können wir unsere aktuelle gesellschaftliche Wirklichkeit verstehen, einordnen und einen Weg in die Zukunft definieren. ….

Die Vertreter*innen des deutschen Archivwesens kommen in diesem Jahr nach Suhl und setzen mit dem Deutschen Archivtag ein Zeichen gegen das Vergessen, gegen die Verharmlosung und Verfälschung unserer Geschichte, für die Erinnerung und für die Demokratie, für die Archive als Leuchtfeuer der Demokratie.“
Quelle: Verband deutscher Archivarinnen und Archivare, Pressemitteilung vom 2.10.2024

Ein wichtiger, ergänzender „Kommentar“ ist das Grußworte von Johannes Kistenich-Zerfaß (Hessisches Landesarchiv), der anlässlich der Verleihung der Plakette „‚Ort der Demokratiegeschichte“ an die Archivschule Marburg betonte , „dass Archive zwar „systemrelevant“ für politische Systeme, aber keinesfalls per se demokratisch seien. Als Beispiel verwies er auf das Gebäude des Staatsarchivs Marburg, das im Nationalsozialismus, 1938, eröffnet worden war. Archive könnten die Demokratie zwar stützen, seien aber auch anfällig für innere und äußere Feinde der Demokratie. ….“
Quelle: Florian Lehrmann (23. September 2024). Tagungsbericht: Symposion “Archive als Orte der Demokratiegeschichte” Archivwelt. Abgerufen am 7. Oktober 2024 von https://doi.org/10.58079/12caf

Europawahl 2024: Archivpolitischer Check der Wahlprogramme

In einer Woche wird das neue Europaparlament gewählt werden. Zeit also einen archiv(ar)ischen Blick in die Programme bzw. Wahlaussagen der Parteien zu werden. In einem Wahlprogrammen werden Archive explizit erwähnt: Piratenpartei.

Alle übrigen, in Deutschland zur Wahl stehenden Parteien erwähnen Archive nicht.

Wortlaut des Programms der Piratenpartei Deutschland:

“ …. Wir unterstützen die Digitalisierung von Bildungseinrichtungen und die Veröffentlichung von Dokumenten, die in öffentlichen Bibliotheken und Archiven in der gesamten EU aufbewahrt werden. ….“ (Europawahlprogramm 2024, S. 16)

Link zur Analyse der Wahlproghramme 2019

Leitungswechsel im Stadtarchiv der Kreisstadt Olpe

Bürgermeister Peter Weber mit Josef Wermert und Dr. Timo Erlenbusch © Kreisstadt Olpe

Seit 1989 leitet der Historiker Josef Wermert das Stadtarchiv der Kreisstadt Olpe. Ende Mai geht der gebürtige Nienborger in den Ruhestand. Seine Nachfolge übernimmt Dr. Timo Erlenbusch.
In den 35 Jahren seiner Tätigkeit für die Stadtverwaltung war Josef Wermert weit über das eigentliche Maß der Archivarbeit hinaus aktiv und hat gleichsam eine Vielzahl von Publikationen veröffentlicht bzw. daran mitgewirkt.

Ein herausragendes Beispiel sind die zwischen 2002 und 2022 erschienen vier Bände von „Olpe. Geschichte von Stadt und Land“, teils mit mehreren Teilbänden, die von Josef Wermert initiiert, organisiert und im Auftrag der Kreisstadt herausgegeben wurden und die er ebenso redaktionell verantwortet hat. Die Bücher umfassen die Geschichte der Stadt Olpe und der umliegenden Dörfer vom frühen Mittelalter bis in die jüngste Vergangenheit und stellen auch eine einzigartige Sammlung von Bild- und Textquellen dar, die die Olper Historie in einmaliger Weise beleuchten und von der Fachwelt als beispielhaft beurteilt werden.

In enger Zusammenarbeit mit dem Heimatverein, in deren Vorstandsarbeit Josef Wermert ebenfalls über viele Jahre eingebunden war, erfolgte die Schriftleitung und Herausgabe von 30 Ausgaben des Olper Jahrbuchs „Olpe in Geschichte und Gegenwart“, das zuletzt regelmäßig über 500 Seiten zählte, sowie vielen weiteren Schriften, u.a. der Olper Bibliographie. Wermert ist zudem Gründungsmitglied des 1997 ins Leben gerufenen Fördervereins Stadtmuseum Olpe e.V. und hat den Museumsbestand mit aufgebaut und betreut. Weiterhin stand er den Olper Vereinen, Organisationen und Institutionen vielfach beratend zur Seite, z.B. bei der Erstellung von Festschriften. Weiterlesen

Archivvgesetz NRW: Unerwartete Wende

Nachdem erst vor wenigen Tagen der Fahrplan für das neue Archivgesetz auf dem Westfälischen Archivtag vorgestellt worden war, kommt nun Bewegung in die langwierige Gesetzesevaluierung. Der kulturpolitische Sprecher der Grünen NRW, Frank Jablonski, und der kulturpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, haben für heute 15:00 Uh in den Düsseldorfer Landtag zu einem Mediengespräch eingeladen, auf dem sie einen deutlich zügigeren Fahrplan vorstellen wollen. Offensichtlich will man die zeitraubenden internen Abstimmungen, die ja bereits schon in den Jahren 2018 und 2019 erfolgt sind, überspringen und direkt in die parlamentarische Beratung einsteigen, so dass eine Verabschiedung des Gesetzes noch in diesem Jahr erfolgen soll.
Das Archivweblog siwiarchiv ist ebenfalls eingeladen und wird so zeitnah wie möglich berichten.

12. TAG DER ARCHIVE 2024: „Wir stoßen an unsere Grenzen“

Quelle: BArch, B 198 Bild-2020-1020-004 / Jürgen Nobel

„Archive sind die Basis jeder pluralistischen Erinnerungskultur. Nur offene Archive verhindern von vorne herein geschlossene, ideologische und verfälschende Geschichtserzählungen und damit den Missbrauch von Geschichte für machtpolitische Zwecke. Ihre demokratiestabilisierende Funktion können die Archive nur entfalten, wenn sichergestellt ist, dass das Archivgut dauerhaft sicher gelagert ist, die Archive über ein ausreichendes qualifiziertes Personal verfügen und moderne Wege beschritten werden können, um das reiche archivische Wissen für die Bevölkerung nutzbar zu machen. Vor diesem Hintergrund bereitet mir die angespannte finanzielle Lage vieler Archive und auch des Bundesarchivs große Sorgen. Wir stoßen an unsere Grenzen.“
Professor Dr. Michael Hollmann, Präsident des Bundesarchivs, Quelle: Bundesarchiv, Pressemitteilung v. 1.3.2024

Stadtarchiv Olpe – ein Sachstandsbericht mit Happy End (?)

Das Alte Lyzeum in Olpe beherbergt das Stadtarchiv Olpe, die Musikschule und die Begegnungsstätte
Quelle: Homepage Stadt Olpe

Causa Stadtarchiv Olpe hat in diesem Frühjahr hohe Wellen geschlagen – auch auf siwiarchiv – s. hier, hier, hier und hier . Zeit für einen Aktualisierung.

In der 18. Sitzung des für das Stadtarchiv zuständigen Ausschusses Bildung, Soziales, Sport am 30. Augustun wurde der letzte Sachstandsbericht des scheidenden Olper Stadtarchivaren vorgelegt.

„Der Sachstandsbericht 2022/23 des Stadtarchivs wird zur Kenntnis genommen.“ heißt es lapidar in der Sitzungsniederschrift

Zwei Presseberichte schildern die bemerkenswerte Aussprache wie folgt:
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Archivsituation in der Stadt Olpe

– ein Thema der Aktuellen Stunde des 74. Westfälischen Archivtags 2023 in Hagen

Der für die Archivpflege im Kreis Olpe zuständige Mitarbeiter des LWL-Archivamtes, Dr. Gunnar Teske, berichtete: „Durch das Beispiel der voraussichtlichen Streichung der Leiterstelle des Stadtarchivs Olpe wird die angespannte Personalsituation nochmal deutlich. Von verschiedenen Seiten wurde die Nachbesetzung, unter anderen in offenen Briefen gefordert. Allerdings sieht der Bürgermeister Olpes die Zukunft eher im Stadtmuseum. Die Leistungen des Archivs können so allerdings nicht ersetzt werden.
Es besteht die Gefahr bzw. die Tendenz Stellen im Archivbereich herunterstufen oder ganz zu streichen. Deswegen nochmal der Hinweis, Aufgaben im Rat etc. bekannt zu machen und sich früh genug um die eigene Nachfolge zu kümmern. Es lohnt auch der Blick auf die Ausbildung durch das Archivamt.“
Quelle: https://archivamt.hypotheses.org/19859

Zu Olpe s.: Weiterlesen

Stadtarchiv Olpe – Stellungnahme des Bürgermeisters:

„Verbal abrüsten und das Gespräch suchen statt offene Briefe zu schreiben“ …..

In der Ratssitzung am Mittwochabend, 15. Februar, bezog Bürgermeister Peter Weber Stellung. Er habe den Eindruck, von interessierter Seite werde versucht, die Stadtverwaltung in Misskredit zu bringen, sagte Weber. Der Bürgermeister betonte, bei den Haushaltsplanberatungen habe man mit den Fraktionen vereinbart, im Laufe dieses Jahres über das Thema Stadtarchivar zu reden und abzuklären, in welchem Umfang die Stelle nachbesetzt werde. Weiterlesen

Stadt Olpe plant die Archivleiterstelle zu streichen

Offener Brief an den Bürgermeister und die Stadtverordneten der Kreisstadt Olpe:

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister Peter Weber,
sehr geehrte Damen und Herren der Stadtverordnetenversammlung,
die Position des Olper Stadtarchivars soll, nachdem der jetzige Stelleninhaber Mitte 2024 in den Ruhestand verabschiedet werden wird, nicht mehr wiederbesetzt werden – so nachzulesen im Stellenplan der Stadt („kw-Vermerk“, [S. 3]).
Offensichtlich wird diese Stelle als entbehrlich betrachtet oder aus fiskalischen Gründen gestrichen, um damit augenscheinlich die neue Stelle eines Museumsleiters zu finanzieren – ohne dass vor 2026 ein „Museum“ realisiert werden wird.
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Haushaltsausschuss bewilligt 16,8 Extra-Millionen für Bundesarchiv

 Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat für die kommenden Jahre zusätzliche 16,8 Millionen Euro für das Bundesarchiv mit Sitz in Koblenz bewilligt. Mit dem Geld solle vor allem die Digitalisierung der Bestände zum Nationalsozialismus gestärkt werden, erklärte FDP-Haushälter Otto Fricke am Donnerstag. Außerdem solle der Katastrophenschutz beim Bundesarchiv verbessert werden.

Für das Jahr 2023 schlugen die Haushälter demnach 4,0 Millionen Euro auf den bisherigen Entwurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP) drauf. Der Rest ist für die Folgejahre vorgesehen. Allein 2023 bekommt das Bundesarchiv für die zwei Projekte damit 13,4 Millionen Euro. «Mit diesen Summen sendet das Parlament ein wichtiges Signal zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus», erklärte Fricke.
Quelle: TV Mittelrhein, 10.11.22
Folgende Pressemitteilung des Deutschen kulturats vom 9.11
22war dieser Entscheidung vorausgegangenn: Weiterlesen