Siwiarchiv wirft einen Blick in den Koalitionsvertrag 2025 von CDU/CSU und SPD auf der Suche nach Archivischem – und (neu!) mit einem Exkurs zur Erinnerungskultur:
S. 121:
“ …. Digitalisierung und Standortentwicklung Bundesarchiv
Wir werden die Digitalisierung und die Standortentwicklung des Bundesarchivs mit seinen Außenstellen des Stasi-Unterlagen-Archivs vorantreiben. Auch positive Ereignisse und Orte der deutschen Demokratiegeschichte sind von hoher erinnerungspolitischer Bedeutung. Diese werden wir, wie auch die Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte weiter fördern. ….“
Exkurs Erinnerungskultur, S. 121 – 122:
„…. Erinnerungskultur und Gedenken
Unser Bewusstsein für den Wert von Freiheit und Demokratie beruht auch auf unserer Erinnerungskultur. In ihrem Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Verbrechensherrschaft und der Singularität der Shoah. Zudem stärken wir die Aufarbeitung der SED-Diktatur, einschließlich des Kulturgutentzugs in Sowjetischer Besatzungszone (SBZ) und DDR. Die entsprechenden Bundestagsbeschlüsse erfordern von uns eine konkrete Umsetzung. Die Aufarbeitung des Kolonialismus werden wir intensivieren. Dazu gehört eine länderübergreifende Erforschung von Objekten und die Rückgabe von Kulturgütern im Dialog mit den Herkunftsländern. Besonderes Augenmerk liegt auf einem würdigen Erinnerungsort und der Rückgabe menschlicher Überreste (Human Remains).
Staatliche Verantwortung
Der Staat trägt besondere Verantwortung bei der Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut. Wir werden die Provenienzforschung intensivieren, die Schiedsgerichtsbarkeit einführen und ein wirksames Restitutionsgesetz schaffen.
Gedenkstätten
Wir wollen insbesondere allen jungen Menschen den Besuch von deutschen und internationalen Gedenkstätten ermöglichen. Unsere dezentrale Gedenkstättenlandschaft steht vor großen Herausforderungen, die wir mit einem Investitionsprogramm für Substanzerhaltung, der Stärkung von Vernetzungs- und Kooperationsstrukturen und der Unterstützung bei innovativer Vermittlungsarbeit meistern wollen. Das gilt auch für emblematische Orte der NS-Täter, der Zwangsarbeit und der SED-Diktatur. Die Gedenkstättenkonzeption des Bundes werden wir wissenschaftsgeleitet und im Austausch mit den Akteuren an die neuen Herausforderungen anpassen und ein bundesweites Kompetenznetzwerk mit den Gedenkstätten entwickeln. Wir unterstützen die Einrichtung eines Yad
Vashem Education Centers in Deutschland. ….
Kulturelles Erbe der Heimatvertriebenen
Zur Förderung des kulturellen Erbes der Heimatvertriebenen werden wir die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung und die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen auf eine verlässliche finanzielle Basis stellen und die Bundesförderung nach § 96 Bundesvertriebenengesetz zukunftsfest gestalten. ….“
Zum Vergleich: die Aussagen der 3 Parteien in ihren Wahlprogrammen zur Bundestagswahl finden sich hier.
[Nachtrag, 10.4.2025: Eenfalls lohnt sich ein Vergleich mit dem Positionspapier des Verbandes deutscher Archivarinnen und Archivar zur Bundestagswahl 2025]
Pressemitteilung des Bundesarchivs, 15.4.2025:
„ „Gut, dass wir Rückenwind bekommen“
Bundesarchiv-Präsident Hollmann über Zukunftspläne bei Neubau und Digitalisierung im Koalitionsvertrag
Das Bundesarchiv begrüßt die im Koalitionsvertrag von Union und SPD benannten Pläne zur Zukunft des Bundesarchivs. „Es ist gut, dass wir Rückenwind für die weitere Digitalisierung und für dringend benötigte neue Archivgebäude bekommen“, sagte Bundesarchiv-Präsident Michael Hollmann. Dies sei ein „wichtiges, aber vor allem notwendiges Signal“ der vermutlich kommenden Regierung auch an die Nutzerinnen und Nutzer, die wissenschaftlich arbeiten, Familienforschung betreiben oder ihr Schicksal in der SED-Diktatur mit Hilfe von Stasi-Unterlagen aufarbeiten wollen, so Hollmann.
Dabei bedeute Digitalisierung nicht allein das Scannen analoger Archivalien, sondern auch die digitale Bereitstellung des Archivguts in einem digitalen Lesesaal und weitere niedrigschwellige Angebote, die den Ansprüchen der modernen Wissens- und Informationsgesellschaft genügen. Das Bundesarchiv nutzt hier seit Längerem und in zunehmendem Maße auch Technologien Künstlicher Intelligenz.
Im Kapitel „Kultur und Medien“ des Koalitionsvertrages heißt es unter der Überschrift „Digitalisierung und Standortentwicklung Bundesarchiv“ im Wortlaut: „Wir werden die Digitalisierung und die Standortentwicklung des Bundesarchivs mit seinen Außenstellen des Stasi-Unterlagen-Archivs vorantreiben.“ An anderer Stelle im Kapitel wird betont: „Die Digitalisierung des kulturellen Erbes und die digitale Transformation kulturellen Arbeitens brauchen zukunftssichere Förderung.“
Das Bundesarchiv als obere Bundesbehörde im Geschäftsbereich der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) hat ca. 2.300 Beschäftigte an mehr als 20 Standorten mit einem Bestand von gut 540 Aktenkilometern, Millionen von Bildern, Filmen und digitalen Speichermedien.
Die Aufgabe ist es, die Unterlagen vor allem der Bundesverwaltung, der DDR und des Deutschen Reichs aufzubewahren, zu erhalten und nutzbar zu machen – immer stärker auch in digitaler Form. Darüber hinaus werden Unterlagen von Verbänden, Vereinen und bedeutenden Personen der Zeitgeschichte archiviert.
Mit der Digitalisierung des Archivguts leistet das Bundesarchiv einen wesentlichen Beitrag zu einer offenen und diskursiven Geschichtskultur auf der Grundlage eines breiten, für jedermann leicht zugänglichen Quellenangebots. Im Zeitalter der digitalen Verfügbarkeit von Archivgut präsentiert das Bundesarchiv so „(F)Akten statt Fake News“.“