Projekt „Alte Synagoge“ nimmt klarere Formen an

Christlich-Jüdischer Freundeskreis Bad Laasphe hat jetzt Siegener Architekten-Büro mit im Boot

Vor der Alten Synagoge an der örtlichen Mauerstraße stehen hier die Laaspher Rainer Becker und Günther Hachenberg sowie Christian Welter und Andreas Patzelt (von links) vom Architekten-Büro „projektplus“.

Nachdem für 1635 in Laasphe erstmals von einem schutzgeld-zahlenden Juden namens Nathan die Rede ist, gründet sich hier wohl um 1700 eine Jüdische Gemeinde, die sich 1752 eine detaillierte Ordnung gibt. Einige Jahre danach kauft die Gemeinde ein Haus an der Mauerstraße in der Lahnstadt und richtet darin eine Synagoge ein. Außer dem Betsaal findet sich hier auch ein Schulraum. Bei Umbauarbeiten 1871 wird der Betraum erweitert. 1938 wird die Synagoge in der Reichspogromnacht verwüstet, ihr Inventar zerstört. Kurz darauf muss die Jüdische Gemeinde das Gebäude verkaufen, aus dem nun eine Schlosserwerkstatt wird. Nur einige Daten, die deutlich machen, dass Juden drei Jahrhunderte lang zu Laasphe gehörten – bis zum 17. Mai 1943: Durch die Deportation von Max, Johanna, Hannelore und Ursula Präger verlässt die letzte jüdische Familie Laasphe. Das ist bis dato der Stand der Dinge in Bezug auf das jüdische Leben in Laasphe. Und dem muss das Projekt Rechnung tragen, das der Freundeskreis für christlich-jüdische Zusammenarbeit Bad Laasphe seit 2019 verfolgt, nachdem sein jahrelanges Bemühen, die Alte Synagoge zu kaufen, endlich erfolgreich war: Ein Lern- und Begegnungshaus soll hier entstehen, das sich seiner Geschichte bewusst ist. Wobei die geplante Dauerausstellung nicht nur an die jüdischen Opfer der Nazi-Diktatur hier vor Ort erinnern wird.

Der Christlich-Jüdische Freundeskreis hat nach einem qualifizierten Ausschreibungsverfahren inzwischen das Architekten-Büro „projektplus“ aus Siegen als kompetenten Partner für weitere Schritte beauftragt, um die endgültige Zusage für die Landesmittel zur Förderung des Projektes „Alte Synagoge“ zu erhalten. Freundeskreis-Vorsitzender Rainer Becker freut sich, dass die Profis ihre Arbeit aufgenommen haben. Sie seien in den vergangenen Wochen schon fleißig gewesen, so habe es etwa einen Termin mit der Denkmalbehörde – seit 2004 steht das Gebäude in der Denkmalliste – gegeben. Er habe „eine Leidenschaft für Denkmäler“, so Architekt Dipl.-Ing. Christian Welter von dem Siegener Büro, deshalb habe er sich sehr geehrt gefühlt, dass man für dieses bedeutende Projekt angefragt worden sei. Auch wenn das „eine ziemlich herausfordernde Aufgabe“ sei, bei der die Lösung nicht sofort auf der Hand liege. Auch deshalb habe er zunächst vor Ort das Gespräch mit Oberer und Unterer Denkmalbehörde gesucht, um zuzuhören. So konnte er dem Freundeskreis eine Besonderheit erklären, die dem Vereinsvorstand bisher stets zu weit gegangen war: das Betonen der Schlosserei-Zeit des Gebäudes auf Seiten der Behörde. Christian Welter übersetzte das so, dass man künftig nicht einfach über die anderweitige Nutzung der Alten Synagoge hinweggehen könne. Der letzte Bezugspunkt dürfe nicht 1938 sein, ein Verschweigen der Zeit danach sei historisch nicht akkurat – und könne als Verbergen einer unangenehmen Wahrheit verstanden werden: „Stellt man lediglich die Zeitebene der Synagoge heraus, überdeckt man das Zeugnis der gewaltsamen Inanspruchnahme der Synagoge.“

Ganz praktisch bereitet man derzeit die digitale Bestandsaufnahme des Gebäudes für ein dreidimensionales, computergestützt konstruiertes Modell vor. Gespräche habe er ebenfalls schon mit Restauratorinnen geführt, so der Siegener Architekt, man müsse am Gebäude Oberflächen ganz vorsichtig öffnen, um nicht mehr Sichtbares freizulegen ohne mit einem zu groben Vorgehen Erhaltenswertes zu zerstören. Für den geplanten Ausstellungs-Teil im Lern- und Begegnungshaus verstärke man sich mit dem ursprünglich aus Siegen stammenden Künstler und Architekten Lutz Dransfeld als Kurator für das grundsätzliche Konzept der Ausstellung: „Bei diesem Vorhaben arbeiten wir mit einem großen Netzwerk von Spezialisten im Team“, erläutert Christian Welter. Dazu gehört ebenfalls Architekt Dipl.-Ing. Günther Hachenberg aus Bad Laasphe. Einen Ansprechpartner direkt vor Ort zu haben, darüber freuen sich auch Rainer Becker und der übrige Vorstand des örtlichen Christlich-Jüdischen Freundeskreises.

Taubenzüchter-Zubehör abzugeben

Dieses Zubehör aus der zwischenzeitlichen Nutzung steht derzeit in der Alten Synagoge noch im Weg. Wenn Taubenzüchter daran Interesse haben, melden sie sich bei Rainer Becker.

Wenn die Dinge rund um die Alte Synagoge in Bad Laasphe jetzt an Fahrt aufnehmen, dann hat der Christlich-Jüdische Freundeskreis zwei Bitten an die Öffentlichkeit. Zum einen finden sich in dem Gebäude Gegenstände, die während der Bauzeit woanders gelagert werden müssen, wer dem Verein dafür Unterstell-Möglichkeiten zur Verfügung stellen kann, meldet sich beim Vorsitzenden Rainer Becker unter Tel. (02752) 9314. Zum anderen hätte der Freundeskreis auch noch etwas abzugeben. Denn in der Alten Synagoge war in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur eine Schlosserei im Erdgeschoss, sondern auch ein Taubenschlag unterm Dach: mit Taubenkörben verschiedener Größe, Zellengittern, Zuchtzellen und Futterschalen dafür, Witwerzellen, Sitzregalen, Nistschalen, Futtertrögen verschiedener Größen und Ausführungen, Taubentränken aus Glas oder Keramik und Kunststoffbehältern für Zusatzfutter. All das steht derzeit noch in der Alten Synagoge – und ist hier im Weg. Wer die Dinge selbst abholt, kann diese gern bekommen. Der Freundeskreis würde sich im Gengenzug über eine Spende für das Projekt „Alte Synagoge“ freuen. Auch eine vorherige Besichtigung ist möglich. Ansprechpartner hierfür ist ebenfalls Rainer Becker.

Quelle: Evangelischer Kirchenkreis Wittgenstein, Neuigkeiten, 01.06.2021

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