Zeitspuren-Vortrag mit Dieter Pfau: Schätze der heimischen Geschichte heben

Der Historiker und Autor referierte im 4Fachwerk-Museum in Freudenberg

Zu seinem Vortrag benötigt Dieter Pfau nicht nur Laptop und Beamer, sondern auch einen passablen Internet-Anschluss. Denn sein neuer Zeitspuren-Band versteht er nicht als abgeschlossenes Forschungs-Ergebnis, sondern als Einladung an Interessierte, über die angebotenen Links sich mit Internet-Angeboten immer weiter zu informieren, um die Schätze der heimischen Geschichte zu heben. Und so konnte Pfau bei seinem Vortrag im 4Fachwerk-Museum zahlreiche ergänzende Inhalte digital präsentieren.
An dem Abend stellte er die Kreisgründung Siegen mit der Landvermessung, die traditionelle Gewerbelandschaft und die Veränderung der Wirtschafts- und Erwerbsstrukturen in den Mittelpunkt.
Der Siegener Landrat von Schenk hatte übrigens 1816 den Freudenberger Feldmesser Siebel zu einem Kartenwerk für den neuen Kreis aufgefordert. Jener Geometer Johann Wygand Siebel (1780-1844) bewohnte das Nachbarhaus des heutigen Museums, Mittelstraße 8-10.

Nach der Bildung des Kreises Siegen 1816 lebten in den 22 Orten des Freudenberger Landes 2.448 Einwohner und im Flecken Freudenberg selbst 618 (1818). Bürgermeister war Johann Klappert.

Nach den verschiedenen zeichnerischen Landaufnahmen wurden die Kataster für die einzelnen Gemeinden entwickelt („Kastralstastistik“), um daraus die Basis für die Besteuerung abzuleiten, die „angemessen und fair“ sein sollte. Dafür wurden die einzelnen Grundstücke genau untersucht und nach Landwirtschaft, Viehbestand, Familiengröße oder Erwerbsgrundlage differenziert. „Angaben, die heute für die Sozialgeschichte einen enormen Wert haben,“ so der Historiker und Autor.

1826 galt es den ersten Westfälischen Provinzial-Landtag zu wählen. Dabei seien allerdings fast 80 Prozent der Bevölkerung nicht wahlberechtigt gewesen. Abstimmen durften nur Männer ab dem 25. Lebensjahr, die mindestens jährlich 12 Thaler als Grundsteuer zahlten. Freudenberg bildete mit Berleburg, Hilchenbach, Laasphe und weiteren elf südwestfälischen Städten einen Wahlbezirk als „Kollektivstadt“. Gewählt werden konnten als Abgeordnete auch nur Personen mit ausreichend großem Grundbesitz, die mindestens 25 Thaler Grundsteuer zahlten. In Freudenberg zählten dazu lediglich fünf Männer. Bei einer 1828 abgehaltenen Wahl zum zweiten Provinzial-Landtag war an zweiter Stelle auf der Liste der wählbaren Männer Anton Gattwinkel aus Niederholzklau mit 26 Thalern Grund- und 12 Thalern Gewerbesteuer vertreten.

Auch für Pfau eine erstaunliche Erkenntnis: Zu jener Zeit war der Kreis Siegen waldreicher als der Kreis Wittgenstein. Der Autor ging ausführlich auf die Entwicklung der traditionellen Siegerländer Wirtschaft ein, die damals durch Erze, Wald und Wasser als Rahmen-bedingungen geprägt war.
Bestimmend für die weitere Entwicklung dürfte der Chaussee-Bau gewesen sein. In der Region entwickelte sich nach Hagen das zweite Projekt eines frühen privaten Straßenbaues. Der Ausbau der Minden-Koblenzer-Straße nach Kirchen-Sieg sei durch einen Aktienverein von interessierten Gewerbetreibenden, so auch der Gebrüder Jung (Kirchen), realisiert worden. Nach den Recherchen von Dieter Pfau habe Freudenberg damals eine Beteiligung abgelehnt. „Richtiger Schub kam in das Straßenbauprojekt erst, als die Trasse auch als ‚Militärstraße‘ klassifiziert wurde.“

Dieter Pfau erläuterte eingehend, wie die Krise des traditionellen Montangewerbes vielfältige Anpassungsprozesse in Gang setzen. „Es entstand ein neues Unternehmertum, das sich mit den veränderten Wirtschaftsgegebenheiten auseinander setzte.“ Und auch globale Verflechtungen seien zu verzeichnen gewesen, denn die mit dem Rohstoff Lohe gegerbten Häute wurden aus Südamerika eingeführt.

Der Wandel, so Pfau im abschließenden Teil, habe die weitere politische Entwicklung beeinflusst. Es sei ein deutlicher Wandel in der bürgerlichen Öffentlichkeit festzustellen. Politische Themen hätten ihren Niederschlag in den „Vor-März-Zeiten“ in heftigen Leserbrief-Kontroversen gefunden. Im Königreich Preußen galt noch die Zensur und als offizieller Zensor vor Ort war der Landrat bestellt, dem morgens ein Andruck der Zeitung zur Genehmigung vorzulegen war.

Die Verbindung aus „Buch und Web“ führte zu einem anredenden Vortragsabend. Für die 4Fachwerker erfreulich, dass so viele Gäste, für die anfangs immer mehr Stühle aufgestellt werden mussten, Interesse an der spannenden Geschichtsstunde fanden. Das Buch „Zeitspuren, Teilband 1, Siegerland und Wittgenstein im preußischen 19. Jahrhundert, ist jetzt im örtlichen Buchhandel zu erwerben.
Quelle: 4Fachwerk-Museum, Pressemitteilung

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