Einweihung Gedenktafel am Siegener Bahnhof

Bilder zur Veranstaltung:

Gedacht wurde der Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung der sog. „Mischehen“ aus dem Kreisgebiet:

„….. Jenny Juncker geb. Kahn
geboren am 24. Januar 1906 in Weidenau , gestorben am 1. Mai 1990 .Frau Juncker lebte in ,,Mischehe“ mit Albert Juncker, evangelisch , geboren am 2. Dezember 1904 in Bochum, gestorben am 8. März 1987 in Siegen, Sandstraße 163. [Ihr Kind] wurde 1934 geboren. Im April 1941 blieb das [Kind] dem Unterricht fern. Es hieß, [es] sei nach Marburg in eine Klinik wegen einer dringenden Operation gebracht worden. [Es] kehrte nicht wieder in ihre Klasse  zurück. [Dem] Vater gelang es, es auf einem Bauernhof im Sauerland unterzubringen, weil er eine Rückkehr nach Siegen als zu gefährlich für das Kind erachtete. Jenny Juncker wurde im September 1944 mit anderen Jüdinnen aus Siegen nach Kassel-Bettenhause deportiert . Bei den Fieseler-Werken, einem Außenlager des KZ Buchenwald, wurde sie als Zwangsarbeiterin eingesetzt. Frau Juncker sollte Anfang 1945 in das KZ Theresienstadt überstellt werden. In einer waghalsigen Aktion holte Albert Juncker seine Frau aus Kassel und versteckte sich mit seiner Familie auf einen Bauernhof bei Attendorn. Nach der Rückkehr lebte die Familie auf der Sieghütte, dann in der Sandstraße in Siegen. Kaufmann Albert Juncker, der nach dem Tod seines Vaters in Siegen die Textfirma Albert Juncker jun. führte, wurde als „Unbelasteter“ nach dem Umbruch 1945 Mitglied im Vertrauenssauschuss der Stadt und des Landkreises Siegen. 1945/1946 war es Stadtverordneter für die SPD in Siegen. Im August 1946 wurde er zum Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Siegen gewählt und hat sich Jahre hindurch (bis 1952) in dieser Funktion sehr für eine Wiederbelebung der Wirtschaft und gegen drohende Demontage eingesetzt . Er war u. a. im Vorstand der Vereinigung der IHK und NRW und Vorsitzender des Großhandelsverbandes Siegen-Olpe-Wittgenstein. Von 1949 bis 1953 war er FDP – Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Herr und Frau Juncker waren Mitglied in der Gesellschaft für Christliche-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland e. V. ….. Die Schwester von Frau Juncker, Erna Kahn ist 1937 nach New York ausgewandert . Nach dem Krieg besuchten sich die Schwestern in den USA bzw. in Siegen. Bruder Samuel Kahn (1886 – 1942) wurde mit einem Transport nach Zamosc deportiert. Der jünger Bruder Karl ( 1904-1943) wurde mit seiner Familie in das Warschauer Getto umgesiedelt. Er kam mit seiner Familie beim blutigen Aufstand von Warschau ums Leben.

Paula Mayer geb. Schönthal
geboren am 7. Oktober 1895  in Essen, gestorben am 11 . Juli 1984 in Siegen Das Ehepaar Mayer wohnte 1939 in der Eisenerstraße 21 in Siegen. Frau Mayer wurde im September 1944 nach Kassel-Bettenhausen deportiert. Nach der Rückkehr nach Siegen war sie Mitglied in der GCJZ  und nahm in den 1970er Jahren regelmäßig an der Gedenkfeier am Obergraben teil. Sie wohnte zuletzt in der Heeserstraße 38.

Johanna Burgmann geb. Wertheim
geboren am 25. Februar 1885 in Nottuln, heiratete am 25. Mai 1929 den Monteur Wilhelm Burgmann, Arbeiter bei der Siemag Dahlbruch. Adresse damals Wiesenstraße 7 in Dahlbruch. Der Verbleib von Frau Burgmann ist unbekannt.

[Johanna Burgmann (1885-1954) geb. Wertheim aus Nottuln war in erster Ehe mit Emil Herzberg verheiratet. 1929 heiratete sie den Monteur Wilhelm Burgmann, Arbeiter bei der Siemag, Dahlbruch. Dass sie noch nach Theresienstadt überstellt wurde und überlebt hat, erfuhr ich erst vom ehem. Pfarrer aus Dahlbruch, Gustav-Adolf Schmidt, gebürtig aus Siegen, der in seiner Traueransprache für den Ehemann im April 1979 auf das Schicksal der Ehefrau hingewiesen hat. Wilhelm Burgmann sei ein stiller, zurückgezogener und naturverbundener Mensch gewesen. Für die Siemag sei er oft auf Montage unterwegs gewesen. Die Ehe war kinderlos. Mitteilung v. Traute Fries v. 3.10.2019]

Ilse Dörner geb. Jacobi
geboren am 30. März 1904 in Siegen, gestorben  am 3 Juni 1982 hat ihren jüdischen Glauben nie abelegt. Sie war verheiratet in christlicher Ehe mit Alfred Dörner, geboren am 9. Oktober 1902, gestorben am 28. November 1992. Das Ehepaar wohnte 1939 in Siegen, Auf der Wellersche 1, und zuletzt in der Nassauischen Straße 8. Frau Dörner wurde mit anderen Jüdinnen im Rahmen der „September-Aktion“ 1944 nach Kassel–Bettenhausen deportiert. Die Deportation des Ehemannes erfolgte wenige Wochen später nach Hagen-Haspe . Die Eltern von Ilse Dörner, Sigismund Jacobi und Klara Jacobi geb. Sternheim , sind in Theresienstadt umgekommen (s. Deportationsliste). Ihre Schwester Ruth Jacobi, geboren am 21. Februar 1908, studierte bis 1933 Medizin in Freiburg. Die Promotion wurde ihr dort untersagt, weil sie Jüdin war. Sie konnte im April 1934 in die Schweiz auswandern und promovierte dort.  Von der Schweiz wanderte sie in die USA aus. Nach vielen mühsamen Jahren war Frau Dr. Ruth Ballin-Weiss Chefärztin in der Nervenklinik Pilgrim State Hospital, Long Island. Sie starb am 10. Dezember 2007. Auch sie hat ihren Jüdischen Glauben nicht abgelegt, aber nie praktiziert. D[as Kind] von Ilse und Alfred Dörner, …. geboren … 1935, lebte in der Endphase des „Dritten Reiches“ bei der Schwester seines Vaters in Rebbleroth bei Gummersbach im Untergrund. Die Eltern wurden im Mai 1945 befreit, zurückgekommen sind sie aber erst im September 1945. Im Siegerlandteil der „Freiheit“ vom 21. Semptember 1948 heißt es : „Der Chor „Seele vergiss nicht die Toten“ von Reinartz leitete über zu den Gedenkworten von Frau Dörner als Sprecherin der jüdischen Kulturgemeinde Siegen, die von damals 110 Mitgliedern nur noch 9 besitzt, der 6 Millionen ermordeter Glaubensgenossen gedachte. “

Anna Brückmann geb. Meiersohn
geboren am 2. Februar 1896 in Schaulen/Litauen; wohnhaft 1939 laut Adressbuch in Siegen, Donzenbachstraße 8. Sie wurde mit den anderen jüdischen Frauen nach Kassel–Bettenhausen deportiert. Ihr Mann Friedrich Brückmann (geb. 4 . März 1882 in Siegen) soll sich während der Zeit der Trennung einer anderen Frau zugenwandt haben. Die Ehe wurde daraufhin geschieden, der Verbleib von Frau Brückmann ist unbekannt.

Selma Jung geb. Frank
geboren am 7. Januar 1877 in Siegen, gestorben am 24. September 1952 in Siegen, zuletzt wohnhaft Austraße 11, in Siegen. In der Todesurkunde ist die Konfession evangelisch vermerkt. Sie heiratete am 11. Juni 1915 den Schuhmachermeister Johann Johann Friedrich Heinrich Jung in Siegen. Im Adressverzeichnis von 1935 und 1939 befindet sich der Eintrag: Jung Heinrich Wwe. Schuhmacherei und Schulwarenhandlung, Schulstraße 7 ( Sieghütte ). Selma Jung wurde im Dezember 1944 nach Thereresienstadt deportiert und am 12. Juni 1945 entlassen. …. . Die Eltern von Selma Jung, Levi Frank (1835-1910) und Bertha Frank geb. Cahn (1841-1898), sind auf dem jüdischen Teil des Lindenbergfriedhofs in Siegen bestattet. Levi Frank war von Beruf „Handeslmann“.

Friedrich Jochum
geboren am 31. Dezember 1883 in Weidenau, gestorben am 26. März 1956  in Klafeld, Wiesenstraße 22. Seine Mutter war bei der Heirat zum Protestantismus konvertiert. Friedrich Jochum wurde im Zug des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeatentums“ vom 7 . April 1933 aus dem Reichsbahndienst entlassen. Trotz Fürsprache und Mitgliedschaft im Reichskriegerbund wurde er nicht wieder eingestellt. Die fünfköpfige Familie musste mit einer geringen Rente auskommen, die 1939 noch einmal gekürzt wurde. Am 14. Oktober 1944 wurde Friedrich Jochum von der Siegener Gestapo festgenommen und mit anderen „jüdischen Mischlingen“ nach Kassel–Bettenhausen verbracht. Er war der Organisation Todt unterstellt und wurde zu Aufräumarbeiten nach alliierten Luftangriffen auf die Stadt Kassel eingesetzt. Während der Vater Zwangsarbeit leistete, war der Sohn Gerhard zur Wehrmacht eingezogen worden. Entzündungen der Kniegelenke führten dazu, dass Friedrich Jochum am 23. Dezember 1944 nach Siegen entlassen wurde. Seine Kinder hatten sich massiv für die Rückkehr eingesetzt Sohn Gerhard kehrte nicht aus dem Krieg zurück.   ….“

aus: Traute Fries/Hartmut Prange: „Hier geschieht neimanden Unrecht“. Zur Geschichte von Dr. Artur und Else Sueßmann und der Familie ihrer Tochter Annemarie MEyer. Eine Dokumentation, Siegen 2010, S. 46-48.

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