War Fritz Busch (1890-1951) „falscher Flüchtling“?

Fritz Busch, aus Christel Lechners Figurenensemble „Brüder Busch“ (2017) im Siegener Schlosspark

Der Historiker Michael H. Kater wiederholt seine bereits 1997/1988 aufgestellte These in seiner 2021 in deutscher Sprache erschienen Überblicksdarstellung „Kultur unterm Hakenkreuz“: “ …. Anders liegt der Fall im Hibnblick auf den Dirigenten Fritz Busch und der Sopranistin Lotte Lehmann  weil sie vor ihrer Emigration noch versuchten mit den Nazis ins Geschäft zu kommen , was sie später durch geschönte Darstellungen zu verbergen trachteten. Während Busch zu seinen Bedingungen in Nazideutschland bleiben wollte, versuchte Lotte Lehmann, ansässig in Österreich uns später in den USA, sich von außen zu akkomodieren. Buschs und Lehmanns die Zusammenhänge verfäschende Zeugnisse lassen an der Berechtigung ihrer Behauptung, Flüchtlinge gewesen zu sein, ernstlich zweifeln. ….“ (S. 314 – 315)

Kater stützt seine These hauptsächlich auf die Üerlieferung des Berliner Bundesarchivs (s. u.) und auf die von ihm kritisch bewerteten (auto)biographischen Veröffentlichungen Grete und Fritz Buschs. Eine Auseinandersetzung  mit der unter aufgeführten (regionalen) Literatur ist nicht erkennbar. Zentrale Säule dieser Publikationen ist das BrüderBuschArchiv in Karlsruhe. Eine Diskussion der These Katers findet in diesen Werken jedoch nicht statt.

Fazit:
Es erscheint mehr als sinnvoll, alle verfügbaren Informationen vor dem Hintergrund der Kater-These noch einmal auszuwerten, um eine möglichst differenzierte Einschätzung von Fritz Busch in den Jahren 1933 und 1934 zu erzielen.

Literatur/Links:
– Fabian Gastellier: Fritz Busch. L’exil: 1933-1951, Paris 2017
– Almut Ochsmann, Fritz Busch in Buenos Aires – ein Westfale in Südamerika, in Siegener Beiträge. Jahrbuch für regionale Geschichte 16 2011, hrsg. von Geschichtswerkstatt Siegen – Arbeitskreis für Regionalgeschichte e.V., Siegen 2011, S. 87–104
– Matthias Pasdzierny: Fritz Busch, in: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hg.), Hamburg: Universität Hamburg, 2013 (https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00001742).
Susanne Popp, Berufung und Verzicht: Fritz Busch und Richard Wagner, Köln 2013 [bes. S. 196-216]
– Jürgen Schaarwächter, Fritz Busch in Dresden, in Siegener Beiträge. Jahrbuch für regionale Geschichte 13/14 2008/9, hrsg. von Geschichtswerkstatt Siegen – Arbeitskreis für Regionalgeschichte e.V., Siegen 2009, S. 204–219

Archivalien
Bundesarchiv Berlin
R 9361-V (Sammlung Berlin Document Center (BDC): Personenbezogene Unterlagen der Reichskulturkammer (RKK)) /78259
R 55 (Reichsministerium für Volksaufklär7ung und Propaganda) /1181, Konzertreisen deutscher Musiker, Auftritte ausländischer Musiker in Deutschland, Zuschriften zu musikalischen Fragen, auch Übersendung von Kompositionen, Bitten um Überlassung von Noten und Instrumenten Bd 3/1, 1933-1934 [enthält auch: Adolf Busch, Geiger.- Geplanter Empfang durch den deutschen Botschafter in den Haag, 1933]

Bundesarchiv Koblenz
B 106 (Bundesministerium des Innern)/67200, [Entschädigung, Hinterbliebenenversorgung Grete Busch nach Fritz Busch], 1952 – 1959

Hauptstaatsarchiv Dresden
Sächsisches Staatsarchiv, 10736 Ministerium des Innern, Nr. 19025, Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums
Bd. 02, 1933, enthält u.a. Busch, Generalmusikdirektor (Bl. 30)

Sächsisches Staatsarchiv Leipzig
Sächsisches Staatsarchiv, 21081 Breitkopf & Härtel, Leipzig, Nr. 2046, Busch, Fritz [Übernahme nach Wiesbaden] 1923-1934

Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (Dresden) Sammelmappe zum Wirken des General-Musikdirektors Prof. Fritz Busch von 1933 bis 1940,  Signatur: Mscr.Dresd.App.2114

Ein Rezension der deutschen Ausgabe liegt soweit bekannt, noch nicht vor, so dass nur auf folgende Besprechung der englischen Ausgabe verwisen werden kann:

Neil Gregor: Rezension zu: Kater, Michael H.: Culture in Nazi Germany New Haven 2019: ISBN 978-0-300-21141-2, , In: H-Soz-Kult, 13.02.2020, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-28590>.

Ein Gedanke zu „War Fritz Busch (1890-1951) „falscher Flüchtling“?

  1. Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes:
    RZ 501/60613
    Geheime Verschlußsachen des Referats Kult Gen C / Kult K
    Dez. 1938 – Aug. 1941, enthält u.a. – Absage eines Gastspiels von Wilhelm Furtwängler in Stockholm – „deutschfeindliche“ Betätigung des Generalmusikdirektors Fritz Busch
    RAV 250-1[Gesandschaft Stockholm]/1293
    [Künstlerische Propaganda -] Konzerte, Theatergastspiele usw., Band 13
    Okt. 1938 – Mai 1939, enthält u.a.: – Haltung Fritz Buschs zur Verpflichtung dt. Künstler

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