Umgestaltung des Denkmals am Goetheplatz zu einem Friedensdenkmal


Vorlage für die Sitzung des Ausschusses für Soziales, Bildung, Sport und
Kultur der Stadt Bad Berleburg am 14. Juni 2023:
„Aufgrund des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung vom 06.12.2021 hat die
Verwaltung die Weiterentwicklung des historischen Kriegerdenkmals auf dem Goetheplatz zum Friedensdenkmal in Kooperation mit der evangelischen Kirchengemeinde Bad Berleburg vorangetrieben. Ursprünglich wollten die Young Ambassadors den Part der Interviewenden übernehmen, haben jedoch aufgrund der Corona-Pandemie mit Bedauern davon Abstand genommen. Daraufhin haben sich fünf junge Erwachsene des evangelischen Kirchenkreises als Arbeitsgruppe zusammengefunden und die Aufgabe übernommen, Interviewpartner*innen zu finden und die benötigten Interviews zu führen.

Nach einem gemeinsam erarbeiteten Interviewleitfaden haben die fünf Teammitglieder
Bianca Brieseck, Fabian Dickel, Linda Laubisch, Anne Rath und Christian Schneider zwischen Frühsommer 2022 und Frühjahr 2023 insgesamt elf Interviews geführt. Ein Teil der Interviewpartner*innen, die alle Altersklassen umfassen, wurde von den Interviewenden selbst ausgewählt. Weitere Gesprächspartner*innen konnten durch einen Presseaufruf aus Bad Berleburg und Umgebung gewonnen werden.
Bei einer gemeinsamen Arbeitssitzung mit Pfarrerin Christine Liedtke wurden am 19.04.2023 aus den protokollierten Interviews Textstellen für das Friedensdenkmal ausgewählt. Diese sind von den interviewten Personen zur Publikation freigegeben worden. Gemeinsam wurde ein Text erarbeitet, der den historischen Sachverhalt der Entstehung und die Weiterentwicklung zum Friedensdenkmal beschreibt. Die vorherigen Abfragen bei Glasbauern hatte bereits ergeben, dass die Weiterentwicklung im gesteckten und beschlossenen finanziellen Rahmen zu realisieren ist.
Neben einer hohen Glasplatte, die das Wort Frieden in unterschiedlichen Sprachen widergibt, wurden die nachfolgenden Texte für die Gestaltung der Glasplatten ausgewählt:

Einführungstext
Anlässlich des Geburtstages von Kaiser Wilhelm II. am 27. Januar 1899 entstand der Wunsch, ein Kriegerdenkmal für die Gefallenen der Deutschen Einigungskriege 1864, 1866 und 1870/71 errichten zu wollen. Als Standort wurde der Marktplatz im direkten Umfeld der Friedenseiche gewählt, die nach dem Krieg 1866 gepflanzt wurde. Mithilfe von Spendengeldern konnte das Kriegerdenkmal schon nach knapp 3 Jahren am 10. November 1901 eingeweiht werden. Die Gestaltung übernahm der Berliner Bildhauer Arnold Künne. Gewidmet wurde das Denkmal den Gefallenen der Deutschen Einigungskriege – diese lagen damals bereits über 30 Jahre zurück – und es ehrte zudem Kaiser Wilhelm I.
Das Denkmal listet in zwei Tafeln die Gefallenen und die an ihren Verwundungen gestorbenen Soldaten auf. Eine dritte Tafel erinnert an Kaiser Wilhelm I. Das Kriegerdenkmal ist ein Zeugnis seiner Zeit in Darstellung und Formulierung.
Die Neugestaltung des Goetheplatzes legte nahe, das Denkmal in einen neuen Interpretationszusammenhang zu stellen. An der Umsetzung haben die Ev. Kirchengemeinde Bad Berleburg – auf deren Grundstück das historische Kriegerdenkmal steht – und die Stadt Bad Berleburg gemeinsam mit jungen Erwachsenen des Kirchenkreises Wittgenstein gearbeitet. In den Jahren 2022 und 2023 wurden Interviews zum Thema Krieg und Frieden mit Menschen aus Bad Berleburg und Umgebung geführt. Zitate daraus spiegeln die Bedeutung von Krieg und Frieden in unserer heutigen Gesellschaft wider und setzen damit ein Zeichen für unsere Zukunft. Die Sicht auf das historische Kriegerdenkmal durch die Glasplatten hindurch erlaubt nun mit den Interviewzitaten einen Perspektivwechsel auf die Geschichte und den Umgang mit ihr. Der Ukraine-Krieg hat traurigerweise dieses Projekt in einen aktuellen Kontext gestellt.

Zitattexte
Es war schrecklich, in Sarajevo an den Gräbern zu stehen und zu sehen, dass die jungen Männer meiner Generation quasi ausgerottet wurden. Krieg ist für mich immer etwas Großes. Frieden kann auch etwas ganz Kleines sein.
Frieden braucht eine Vision.
C.J., 35 Jahre
Man nimmt den Frieden ja als etwas Selbstverständliches hin, was er aber nicht ist. Man muss schon bereit sein, den Frieden zu erkämpfen, ihn zu verteidigen.
C.Z., 43 Jahre
In meinem Alter habe ich zum Glück noch keinen Krieg oder Konflikt erleben müssen. Die Kriegserfahrungen, die man macht, kommen aus dem Fernsehen, der Zeitung, oder aus den modernen Medien wie dem Internet.
Die Menschen der 1860er und 1870er Jahre, derer auf dem ursprünglichen Denkmal gedacht wird, haben letztendlich auch so gedacht, wie wir jetzt. Sie hatten ihre Ängste und Sorgen, hatten Eltern, die sie zu Hause lassen mussten, vielleicht eine Freundin, die sich dann viele Gedanken um diesen Menschen gemacht haben.
Plötzlich wurden sie aus dem Leben gerissen, mussten in den Krieg gehen, sich an die Front stellen, obwohl sie das im Grunde ihres Herzens gar nicht wollten.
C.S., 55 Jahre
Wir müssen ein Miteinander leben, gerade in dieser Welt. Ich sehe, dass dieses Miteinander gerade an ganz vielen Stellen total bröckelt.
Für mich ist Frieden ein sehr hohes Gut. Und für diesen Frieden sollten wir eintreten. Ich habe noch keine Waffe gesehen, die Frieden bringt. Frieden ist eben nicht nur der politische Frieden, sondern auch der seelische Frieden, der körperliche Frieden, den man hat.
D.S., 43 Jahre
Das macht einen nachdenklich und schockiert, dass Krieg in Europa im 21. Jahrhundert noch möglich ist. Krieg ist für mich Zerstörung, wie man es ja auch im zweiten Weltkrieg gesehen hat oder auch in der Ukraine sieht.
Für mich ist Frieden, dass man zusammenlebt und keiner den anderen unterdrückt.
F.S.
Es gibt keine Garantie für Frieden. Wir müssen damit leben, heute nicht zu wissen, was morgen ist.
Krieg heißt für mich immer Sterben. Krieg ist schrecklich und Krieg tötet immer auf beiden Seiten und führt immer zu Leid. Krieg führt nicht zu einer besseren Welt.
O.M., 81 Jahre
Krieg ist das Schlimmste und das Unvernünftigste, was man sich vorstellen kann.
Frieden ist für mich, dass die Völker miteinander friedlich umgehen.
P.S., 86 Jahre
Krieg ist jeder bewaffnete Konflikt. Wobei man den Begriff Krieg ja in der Zwischenzeit erweitern muss. Wir haben heute eine hybride Kriegsführung, z.B. auch Angriffe auf die Infrastruktur und die bewusste Streuung von Fehlinformation.
Frieden ist für mich eine friedvolle Gesellschaft ohne Bürgeraufstände, eine funktionierende Regierung und die dementsprechenden Möglichkeiten, sich frei – ohne dafür ins Gefängnis zu gehen – äußern zu können.
R.R., 65 Jahre
Krieg wurde bei uns zu Hause totgeschwiegen.
„Ja, sag mal Opa, du erzählst hier vom Krieg und vom Schießen. Du hast Menschen getötet, ist dir das bewusst?“ „Ja, aber wenn ich das nicht gemacht hätte, hätten sie mich erschossen.“
S.G., 46 Jahre
Der Krieg ist für mich Zerstörung, das ist Tod, das ist unendliches Leid. Und Frieden ist
dann im Gegensatz zum Krieg Leben, Hoffnung, Zukunft.
Ein ukrainisches Kind schrieb: „Ich hasse den Krieg. Wenn es den Krieg nicht gäbe, würde mein Papa leben.“
N.P., 42 Jahre
Wie kann das sein, dass es wieder Krieg in Europa gibt?
Frieden heißt für mich, dass man immer bereit ist, eine gemeinsame Lösung zu finden. Ich finde es schlimm, wenn mit Waffen versucht wird, Macht auszuspielen.
M.G., 20 Jahre

Die endgültige Umsetzung – sprich der Aufbau der gravierten Glasplatten – ist für den Spätsommer 2023 vorgesehen. …“

12 Gedanken zu „Umgestaltung des Denkmals am Goetheplatz zu einem Friedensdenkmal

  1. Heute erschien in der Siegener Zeitung der Leserbrief „Stoppt das Kuddemuddel“ zur Denkmalumgestaltung: „… Jetzt rückt man auch noch der Geschichte zu Leibe mit der Unvereinbarkeit von Kriegerdenkmal und Friedenssymbolen. Wir sind zwar auch keine Kaiser-Fans, aber der erste Kaiser Wilhelm unter schied sich deutlich vom fanatischen zweiten Kaiser. Und das Gedenken an gestorbene Kaiser hat auch seinen Stellenwert als Erinnerung an furchtbare Kriege. ….“

    • Demjenigen, der hier als “Archivar” die Regenten im Kaiserreich kommentiert und Wilhelm II. als “fanatisch” beschreibt, empfehle ich anstatt solcher laienhistorischer Einlassungen, einmal eine Biographie (z. B. von Tyler-Whittle https://www.amazon.com/last-Kaiser-biography-Wilhelm-emperor/dp/0812907167) zu lesen. Spätestens seit Christopher Clarks “Schlafwandler” weiß jeder historisch belesene Mensch, dass die Monarchen des Kaiserreichs Kinder ihrer Zeit, aber keinesfalls “fanatische” Kriegstreiber oder sonst irgendwie “fanatisch” waren. Die Bad Berleburger Funktionäre haben sich beim Denkmal von linksgrünen Ideologen auf die schiefe Ebene eines absurden Geschichtsbildes führen lassen.

  2. Bildersturm und kognitive Dissonanz
    Die Provinz will nicht zurückstehen! Während in den Großstädten die Geschichtspolitk des allgegenwärtigen linksgrünen Establishments ohne Kompromisse durch Straßenumbenennungen und das Schaffen von stets steuerfinanzierten „Erinnerungsorten“ aller Art kompromisslos umgesetzt wird, wollen die Partei- und Verwaltungsvertreter im abgelegenen Bad Berleburg nicht zurückstehen. Erst recht nicht möchten dies die örtlichen Repräsentanten der mittlerweile schwindsüchtigen, aber dafür durchpolitisierten Evangelischen Landeskirche. Wie schon in vergangenen unglückseligen Zeiten entwickeln sie dabei sogar einen besonderen Eifer, gelehrig nachzuahmen, was ihre großen ideologischen Vorbilder vorleben. So setzten es die Anhänger der Grünen Partei tatsächlich durch, dass ein seit über 120 Jahren auf dem Bad Berleburger Goetheplatz vorhandenes Friedens- und Kriegerdenkmal postmodern „dekonstruiert“ und umgedeutet wird. Das Ergebnis ist ein mit Glasplatten verschandeltes historisches Bauwerk. Jenseits purer Ideologie und Bildungsferne ist kein Grund erkennbar, warum das historische, aus Namenslisten der örtlichen Kriegstoten der Bismarck‘schen Einigungskriege, der Verehrung Kaiser Wilhelms I. mittels eines Reliefs und einer Friedenseiche bestehende Ensemble einer Umgestaltung bedurfte. Das Denkmal weist eine eher kleine Größe auf und war in der Formensprache seiner Zeit ausgeführt worden, die sich wohltuend von der späteren monumentalen Denkmalarchitektur der Nationalsozialisten unterscheidet. Ganz ähnliche Gedenkorte finden sich überall in Europa. Bestand vor der Verschandelung des Berleburger Ensembles die Gefahr, das in einem Betrachter ohne weitere Belehrungen der Wunsch erwachsen könnte, die Monarchie wiederzubeleben? Oder mussten die Stadtoberen gar damit rechnen, dass bei den Berleburgern ohne weitere Erziehung zur Friedensliebe durch Parteien, Verwaltung und Kirche wieder Ressentiments gegen Frankreich Raum gewinnen könnten? Wohl kaum. Bei dieser Bilderstürmerei, die bewusst ein historisches Ensemble verschandelt und sinnentstellend, handelt es sich um einen kulturfremden Akt, der aus der Warte einer vermeintlich höheren Moral ein bestimmtes Geschichtsverständnis missionarisch verbreiten will. Es macht sprachlos, dass es gerade die linksgrünen, achso friedensbewegten Initiatoren dieser offen pazifistisch anmutenden Umgestaltung sind, die seit Monaten die Lieferung von immer mehr schweren Waffen in das Ukrainekriegsgebiet fordern. Friedensgespräche lehnen sie ab, es soll wieder „gesiegt“ werden, diesmal allerdings nicht mit heimischen Kriegsopfern, sondern ausschließlich mit ukrainischen. Anstatt sich selbst als Freiwillige bei den internationalen Brigaden der Ukraine zu melden, ziehen es die deutschen Parteien und ihrer Berleburger Abbilder vor, dass schon jetzt in jeder kleinen Stadt der Ukraine Gefallenendenkmäler und riesige Soldatenfriedhöfe entstehen. Auch diese Denkmäler tragen Tafeln mit langen Namenslisten der Opfer. Gelegentlich werden sie auch Bezüge zum Präsidenten der Ukraine, dem dortigen Staat oder seiner Regierung aufweisen. Stets aber drücken die ukrainischen Denkmäler Patriotismus und Trauer aus, ganz so, wie dies seit mehr als 120 Jahren das historische Berleburger Denkmal versinnbildlicht. Ob es in der Ukraine oder in irgendeinem anderen von Krieg und Elend betroffenen Land Leute geben wird, die die dortigen Denkmäler und Friedhöfe mit Glasplatten „dekonstruieren“ und verschandeln wollen, weil es ihnen an Respekt vor den Toten oder schlicht an historischer Bildung mangelt? An kognitiver Dissonanz sind die Berleburger Bilderstürmer aus Parteien, Kirche und Verwaltung, die sich allzu gerne mit den ukrainischen und Regenbogenfarben schmücken, jedenfalls nicht zu überbieten. Ob die vorangegangene Verschandelung des Goetheplatzes, die nun beim Denkmalsensemble ihren Abschluss fand, Rückhalt bei den Berleburgern hatte? Wohl kaum. Dies ist den ideologisierten Provinzpolitikern, Kirchen- und Verwaltungsleuten in ihrem bürgerfernen Resonnanzraum allerdings egal.

      • Umso trauriger ist es, dass die ehemals bürgerlichen Kräfte im linksgrünen Kulturkampf um die Deutungshoheit entweder nicht standhalten oder längst innerlich korrumpiert sind. Es tut sich in Bad Berleburg eine riesige Repräsentationslücke auf: Die ehemals bürgerlichen Kräfte repräsentieren einen wesentlichen Teil der Berleburger, besonders die hier angestammten, nicht mehr ausreichend. Die wählen CDU und bekommen grüne Weltanschauungspolitik. Abstimmungen der Bevölkerung über Sachfragen scheuen die Bad Berleburger Funktionäre wie der Teufel das Weihwasser.

        Was aber kommt als nächstes? Glasplatten mit Kindergartenzitaten an der Bismarcksäule? Umbenennung der Moltke-, Roon- und Schützenstraße? Aufnahme der Regenbogenfarben in das Stadtwappen? Umbenennung des Schützenplatzes in Amadeo-Antonius-Platz?

        Bürgerlichkeit heißt gegen jede Radikalität immun zu sein, weltoffen für Neues und verbunden mit dem Eigenen, der Heimat der eigenen Geschichte und Kultur. Erkennt der Stadtrat denn nicht, dass die Verschandelung und Umdeutung eines historischen Monuments die Vorstufe zum Abriss ist. Abgerissen wurden historische Denkmäler von den Taliban, Bücher verbrannten die Nazis. Selbst die DDR brachte genug Toleranz auf, um die vielen dörflichen Kriegerdenkmale, die an die 1864-er, 1866-er Kriege und den Krieg von 1870/71 erinnerten, unangetastet zu lassen. Wie umnachtet müssen CDU, FDP, der Bürgermeister und die Verwaltungsriege in Bad Berleburg sein, um so etwas mitzumachen?

        Es hätte ja nichts dagegen gesprochen, an anderer Stelle ein “Friedensdenkmal” nach heutigem linksgrünen Geschmack zu errichten. Der Frevel der BAd Berleburger Funktionäre besteht darin, dass sie sich an einem denkmalgeschützten historischen Zeugnis vergriffen haben.

        • Steht das Kriegerdenkmal unter Denkmalschutz? Denn es findet sich lediglich im Kulturgutverzeichnis der Stadt Bad Berleburg und nicht in der Liste der eingetragenen Baudenkmäler, die Wikipedia angibt. Auch im Berleburger Ratssinformationssystem finden sich keine Hinweise auf eine Eintragung des Kriegerdenkmals in die Denkmalliste der Stadt.
          Wenn es unter Denkmalschutz steht, sollte vor der Umgestaltung eine Abstimmung mit der oberen Denkmalbehörde stattgefunden haben.
          Ästhetische Bewertungen von Umgestaltungen von Denkmälern sind auch immer eine Geschmackssache, über die man ja nicht streiten sollte.

          • Eine sehr bürokratisch-technokratische Sichtweise, die, um abzulenken, nicht zu den Argumenten des Beitrags durchdringt. Fakt ist, dass der Denkmalschutz bei der gesamten (misslungenen) Umgestaltung des Goetheplatzes, in dessen Mitte nun einmal das Denkmalsensemble steht, eine große Rolle spielte. Selbstverständlich wurde auch die Denkmalbehörde zu Platz und Denkmal konsultiert, und zwar mehrfach! Aus kunsthistorischer Sicht dürfte unbestritten sein, dass die Arbeiten Arnold Künnes nicht nur den Qualitätsanspruch der zeitgenössischen Berleburger, sondern auch aus heutiger Sicht den konservatorischem Rang des sogenannten Kaiser- und Kriegerdenkmals ausdrücken. Dabei geht es nicht um Ästhetik, wie der Archivar fälschlicherweise annimmt, sondern um den Erhalt eines historischen Monuments samt dessen Formensprache und seiner historischen Botschaft. Erst recht geht es nicht um persönlichen Geschmack.

            Wenn wir aber schon einmal bei Ästhetik sind, so reicht ein schlichter Bildvergleich des Platzes im Zustand von etwa 1970 (vor der Asphaltierung) mit dem jetzigen Bauzustand aus, um festzustellen, dass die jetzige “Pflaster- und Betonwüste” in keinerweise mehr mit dem alten historischen Flair mithalten kann. Das mag zwar eine subjektive Sicht sein, sie dürfte aber von vielen Berleburgern geteilt werden. Ergo: Die Umgestaltung mit ihren “modernen” Baumaterialien aus Benton, der viel zu großen Steinfläche, ihrer Sterilität und der nun spärlichen Bepflanzung ist insgesamt misslungen.

            Beim Denkmal aber geht es nicht um Ästhetik, sondern um Ideologie und linksgrünen Deutungsanspruch.

          • Danke für die Präziserung bezüglich des Denkmalschutzes!
            Zur Verdeutlichung die Debatte hat ja mehrere Ebenen:
            1) eine politische, die in den bisherigen Kommentaren, sehr eindeutig bewertet wird,
            2) eine rechtliche, die bisher keine Rolle gespielt hat. Da der Denkmalschutz beteiligt wurde, scheinen dessen Belange durch die Gestaltung nicht berührt zu sein,
            3) eine erinnerungskulturelle, die sich den Fragen widmet, ob Denkmäler der Kontextualiiserung bedürfen, und wie diese bestmöglich geschehen kann, und
            4) sehr wohl eine ästhetische; wenn eine Einordnung als politisch befürwortet wurde, sie rechtlich zulässig, sie historisch als notwendig angezeigt ist, wie hat diese Einordnung auszusehen.
            Ferner „leidet“ der konkrete Vorschlag der Denkmalumgestaltung auch unter der generellen Umgestaltung des Goetheplatzes (z. B. Baumfällungen), die aber m. W. in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der Denkmalsumgestaltung steht. Also: Die Bäume wurden nicht wegen der Denkmalsumgestaltung gefällt. Die Baumfällungen eröffneten offentsichtlch die Möglichkeit der Denkmalumgestaltung

  3. @archivar, gut strukturiert. Dann wollen “wir” doch einmal nach diesen Ebenen zusammenfassen, hoffentlich mit möglichst wenigen Wiederholungen:

    Ad 3 “erinnerungskulturelle Ebene”
    Man könnte auch von einer geschichtspolitischen Ebene sprechen. Und hier liegt auch gleich der eigentliche Knackpunkt der Debatte: die kultur- und bildungsferne Entgleisung der Bad Berleburger Partei- und Stadtfunktionäre. Diese besteht im Kern aus dem ideologischen Anspruch des grünen intellektuellen Milieus, ihr Geschichtsbild zu früheren deutschen Staaten mit semitotalitärem Anspruch im öffentlichen Raum und in den Diskursräumen zu verbreiten.

    Hier will ich etwas ausholen: Angefangen haben die Kulturkrieger mit den Zeugnissen des verbrecherischen Nationalsozialismus, wogegen in vielen Fällen nichts einzuwenden war und ist. Und doch zeigte sich schon bei den NS-Themen seit dem sogenannten “Historikerstreit” (Nolte/Habermas) ein absoluter Anspruch auf Deutungshoheit. Seit dieser Zeit werden die himmelschreienden Verbrechen der Nationalsozialisten zur Selbstlegitimation und -erhöhung des grünlinken Milieus missbraucht. Joschka Fischer behauptete gar, der “Gründungsmythos” der Bundesrepublik sei Ausschwitz. Nach der NS-Zeit, deren Denkmäler mit Berechtigung geschliffen wurden, wandten sich die Kulturkrieger zunehmend dem deutschen Kaiserreich nach 1871 zu, das sie pauschal und unbeeindruckt von historischen Tatsachen als undemokratisch, kolonialistisch, rassistisch, imperialistisch und aggressiv brandmarkten. Zu einer Beurteilung nach den Maßstäben der damaligen Zeit, die sich um Distanz und Augenmaß bemüht, waren sie entweder nicht in der Lage oder nicht willens. Es geht ihnen darum, jegliche Traditionslinien zu zertrennen, um ihr multikulturelles globalistisches Gesellschaftsbild mit totalitärem Anspruch zu verankern. Seit vielen Jahren haben sie sich den woken US-Ideologien und deren Vertretern angeschlossen. Die Annahme eines “totalitären Anspruchs” ist leider keine polemische Übertreibung, sondern empirisch leicht nachweisbar. Die ideologischen Narrative und Disziplinierungsinhalte sind immer moralistisch gefärbt und erschreckend simpel. Die Durchdringung aller relevanten gesellschaftlichen und staatlichen Institutionen ist beachtlich. Die verbreiteten Inhalte reichen von Migration, LGBTQ, US-Werteideologie und -Geopolitik über Antirassismus, Multikulturalismus bis zur Klimaerzählung und einem ideologischen Geschichtsbild. Wer versucht nicht mitzumachen oder zu widersprechen, wird “gecancelt”. Das biedere Bad Berleburg ist dafür ein gutes Beispiel: LGBTQ, Migration, Klima und vieles mehr werden von oben übergestülpt oder die lokalen Funktionäre schalten sich selbst gleich. Was der Souverän denkt – denn nichts von alldem ist von unten gewachsen – ist schlicht egal. Soviel der Vorrede.

    Nun zur geschichtspolitischen Deutung des Denkmalvorfalls. Was die dienstbaren Geister in Bad Berleburg auf die Glasplatten haben schreiben lassen, ist nicht zu beanstanden und inhaltlich schrecklich banal. Zu einer tieferen Reflektion des tiefschichtigen Friedensthemas waren sie wohl nicht in der Lage. Entscheidend aber sind nicht die Aussagen auf den Glasplatten, sondern die Negation der ursprünglichen Ausstrahlung und Wirkung des Denkmals: Vaterlandsliebe, Gefallenengedenken und eine positive Konnotation der damaligen Staatsform, damals dankbar unterstützt von den zeitgenössischen Berleburger Bürgern, sollen keinen Raum mehr haben auf einem der wichtigsten Plätze der Kleinstadt. Zentrales Ziel der Ideologen ist eine postmoderne Dekonstruktion dieser historischen Substanz. Dass den Bad Berleburger Lokalgrößen diese Zusammenhänge bewusst waren, davon ist nicht auszugehen. Vielleicht wollten sie wirklich nur ein naives Friedenszeichen setzen. Zudem haben es die Initiatoren aus der Grünen Partei bei Initiierung der Umdeutung des Denkmals nicht ahnen können, dass der auf den Glasplatten verewigte naive Vulgärpazifismus seit dem Beginn des Ukrainekriegs längst nicht mehr der Parteilinie entspricht. Aber wie gesagt, beim Kulturkampf der Woken und Grünen auf dem Gebiet vorhandener Straßennamen und Monumente geht es in erster Linie um Dekonstruktion und nicht um neue Inhalte.

    Aus geschichtspolitischer Sicht ist die Dekonstruktion und faktische Umwidmung des Denkmals sehr verwerflich. Das historische Ensemble schloss die ältere Friedenseiche mit ein, weshalb selbst das Friedensanliegen bereits in der Formensprache der Zeit berücksichtigt war. Der Anspruch eines sogenannten “Perspektivenwechsels” ist eine geistige Anmaßung gegenüber einem schützenswerten historischen Monument, dem die dilettantischen Glasplatten noch nicht einmal gerecht werden. Er ist auch eine unverhüllte Bevormundung des Betrachters, dem nicht zugetraut wird, mit einem historischen Zeugnis umzugehen. Gleiches gilt für die paternalistische Vorstellung, historische Zeugnisse müssten “kontextualisiert” werden. Diese Vorstellung ist offen totalitär. Welche Lehrmeinung bestimmt denn, welche Kontextualisierung die Richtige ist? Der Stadtrat? Die Wissenschaft? Ein städtisches Amt für Wahrheit und Vordenken? Welche Grenzen hätte eine Kontextualisierung im öffentlichen Raum denn? Bekommt die Evangelische Stadtkirche demnächst auch eine Glasplatte, weil in ihr einst Pfarrer Hinsberg dem Fürsten huldigte? Muss nicht auch das Berleburger Schloss mit einer Mahnstele bedacht werden, um den Opfern der Leibeigenschaft zu gedenken? Oder sollte auf dem Gelände der Firma Stark nicht dem CO2-Ausstoß seit 1890 gedacht werden? Nein, diese Idee passt nicht zu einer freien und offenen Gesellschaft, wie sie Karl Popper beschrieb, sie würde nur zu einer “neuen DDR” mit einem staatlich verordneten Geschichtsbild passen. Bilderstürmerei darf in einer Kulturnation keinen Platz haben, auch nicht, wenn sie – wie hier – ideologisch und baulich kaschiert wird. Auch dann nicht, wenn Provinzfunktionäre nur nachäffen, was auf der großen politischen Bühne (leider) Usus geworden ist.

    Ad 1 “politische Ebene”
    Die politische Ebene ist hier im Wesentlichen identisch mit der geschichtspolitischen. Dass in Bad Berleburg bei der Dekonstruktion des Denkmalensembles wohl viele einer Meinung waren in ihrer kommunalpolitischen Blase, heißt nichts. In Schilda waren sie auch einer Meinung als dort Licht in Eimern transportiert wurde. Die Liste der städtebaulichen Sünden ist in Bad Berleburg besonders lang, obwohl es immer Mehrheiten bei den jeweiligen Funktionären gab, denn die Bevölkerung selbst darf ja nichts entscheiden.

    Wenn es der Kommunalpolitik wirklich um ein Friedensdenkmal gegangen wäre und nicht um die Verschandelung und Umwidmung eines historischen Monuments, so hätte ich dagegen keine Einwendungen gehabt. Der Frieden ist tatsächlich in Gefahr und es wäre aller Ehren wert gewesen, ein wirkliches Friedensdenkmal zu errichten.

    Die Grüne Partei könnte ja einen Vorschlag machen, der versucht, ihre nicht ganz widerspruchsfreie Programmatik in einem harmonischen und “bunten” Entwurf umzusetzen. Dazu habe ich folgende Anregungen: Das Denkmal könnte direkt vor dem Rathaus errichtet werden. Am linken Flügel könnte eine aus nachhaltigem Recycling-Kunstoff hergestellte Regenbogenflagge wehen. In der Mitte erhebt sich ein 20-Meter-langes Windrad mit je einer ausgestopften Friedenstaube auf den fünf Rotoren. Die Rotoren sind mit den Buchstaben L, G, B, T und Q benannt. Am rechten Flügel des Denkmals steht ebenfalls ein Fahnenmast mit der ukrainischen Flagge, davor eine Siegespalme aus der Toskana. In der Mitte vor dem Windrad könnte zur Abrundung ein parteigrün gestrichener Leopard-Panzer im Maßstab 1:3 mit roter Kanone stehen. Auf ihm werden vorerst leere Platten angebracht, auf die einmal die Namen der Berleburger Friedenskämpfer eingraviert werden sollen.

    Ad 2: Rechtliche Dimension
    Darum sollen sich die in ausreichender Zahl vorhandenen und von der Allgemeinheit alimentierten Beamten kümmern. Diese technokratische Ebene ist nicht wirklich relevant für die Kernfragen des Themas.

    Ad 4: Ästhetische Ebene
    Die Glasplatten mitsamt ihrer banalen Zitate sind einfältig und verschandeln das Denkmalensemble in baulicher Hinsicht sehr. Dies ist zwar Geschmacksache, aber viele Bad Berleburger dürften ähnlich empfinden. Die Neugestaltung des Goetheplatzes insgesamt ist misslungen. Ich empfehle einfach einmal historische Plätze in Polen, Litauen, Tschechien, Italien oder (schneller machbar) einfach das Städtchen Schmallenberg zu bereisen, vielleicht fällt dann der Groschen. Die klassizistische Altstadt Bad Berleburgs hätte fürwahr kulturhistorisch und ästhetisch besser bewanderte kommunale Funktionäre verdient. Aber sei’s drum: Der Platz passt jetzt gut zur Schlangenlinien-Poststraße, dem Betonbett der Odeborn, dem Autobahnzubringer Emil-Wolf-Straße, dem „herrlichen” Sparkassengebäude, der unproportionalen Seniorenheimbebauung an der Mühlwiese, dem Bürgerhaus-Glaskasten, der Ruine des 1A-Marktes samt Parkhaus, dem “Fernmeldegebäude” am Bahnhof, der Parkplatzwüste hinter McDonald’s und zu den vielen leerstehenden Schaufenstern der Odebornstadt!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert