Dr. Alettha Bettina Schwacke übergab Siebel-Familienbibel von 1726
Das 4Fachwerk-Museum darf sich über ein neues historisch überaus wertvolles Exponat freuen. Dr. Alettha Bettina Schwacke, die in Berlin lebt, übergab jetzt dem Verein die 1726 in Berleburg gedruckte Familienbibel. Diese begleitete über Generationen die Angehörigen der Familie Siebel in Freudenberg. Bettina Schwacke, die Enkelin von Remko Walter Siebel (1894-1976), ist in Hamburg geboren und verbrachte oft ihre Ferien im Flecken im Hause ihres Großvaters. Ihm gehörte das markante Fachwerkhaus, Oranienstraße 33.
„Die Bibel wurde traditionell an die älteste Tochter in der Familie weitergereicht, um die christliche Erziehung der nächsten Generationen zu unterstützen,“ weiß Bettina Schwacke zu berichten. Beruflich verbrachte die studierte Juristin viele Jahre mit ihrem Mann in Düsseldorf.
Ihre Verknüpfung nach Freudenberg beruht auf zahlreichen Familienzweigen: Dazu zählen zum einen die Siebels. Die Eltern von Remko Walter Siebel waren Walther Alfred Siebel (20.04.1867–11.10.1941) und Alettha Maria, geborene Wildeboer (31.08.1866 -23.11.1895). Deren Vater, Pastor Remko Wildeboer (18.09.1829 – 29.04.1897), stammte aus dem holländischen Delfzijl und brachte den Vornamen „Remko“ in die Familie. Er wurde auf dem Freudenberger Friedhof neben seiner jung verstorbenen Tochter beigesetzt: Alettha Maria verschied mit 29 Jahren, ihr Sohn Remko Walter hatte sein zweites Lebensjahr noch nicht vollendet. Julie (geb. Heuser), die zweite Frau von W.A. Siebel kümmerte sich dann um ihn. Remko Walter Siebel selbst heiratete Frieda Selzer, die Tochter des Fabrikanten Carl Selzer.
Der Vater von Bettina Schwacke war der in Hamburg lebende und in Freudenberg geborene Prof. Dr. med. Theodor Otto Lindenschmidt (1917-1982), über dessen Mutter Luise Pauline geborene Bettendorf (1881-1959) entwickelt sich eine weitere Verbindungsgeschichte in den „Flecken“. Der bedeutende Arzt war 1970 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und von 1969 bis 1982 Hauptschriftleiter der Fachzeitschrift „Der Chirurg“.
„Für uns ist die Bibel ein wichtiges Exemplar für unsere künftig neue zu gestaltende Gesichtsausstellung. Darüber sind wir hocherfreut,“ bedankte sich 4Fachwerk-Vorsitzender Klaus Siebel-Späth für die Schenkung.
Für Bernd Brandemann vom Arbeitskreis Stadtgeschichte des Vereins ist es bedeutsam, dass die Bibel im Verlaufe der Generationen auch zum Haushalt von Johann Wilhelm Weiland (1760-1808) gehörte, der im Flecken als Arzt wirkte und dem eine besondere Rolle im Zuge des Französischen Kriegskassenraubes 1796 zukam. Weil er verwundete französische Soldaten behandelte, verhindert er letztlich, dass der Flecken nicht wie andere Dörfer in der Umgebung zur Vergeltung des Überfalls niedergebrannt wurde. „Das zeigt einmal mehr den geschichtlichen Wert dieser historischen Publikation,“ so Klaus Siebel-Späth.
Zur Übergabe der kostbaren Bibelausgabe war auch Pfarrer Thomas Ijewski ins Museum gekommen. Er konnte erläutern, dass es sich bei dem gewichtigen Werk um einen von ursprünglich acht Bänden handelt. „Das außergewöhnliche daran ist, dass einerseits der Bibeltext widergegeben wird, im Besonderen aber die umfangreichen Kommentare eine Rolle spielen,“ so Ijewski. Führender theologischer Kopf für die Berleburger Bibel-Ausgabe sei der Straßburger Theologe Johann Friedrich Haug (1680-1753) gewesen. Mit seinem Bruder, dem Verleger Johan Jakob Haug (1690-1756), kam er um 1720 nach Bad Berleburg. Die Grafschaft unter dem Regenten Graf Casimir galt in jener Zeit als Hochburg des „radikalen Pietismus“. Die Kommentierungen stammten von mehreren Autoren. „Ursprünglich haben diese mit Bibelausgaben Christen mit einer kirchenkritischen Tendenz genutzt, sie waren typisch für eine ganz besondere Frömmigkeit,“ berichtet Thomas Ijewski. Nach der pietistischen Literatur der Erweckten aus der damaligen Zeit habe auch Wilhelm Weiland zur der „frommen Elite“ gehört.
„Die Bibel und auch weitere historische Sammelstücke sind eine außerordentliche Bereicherung für die Freudenberger Stadt- und Kirchengeschichte,“ wertet Klaus Siebel-Späth den musealen Neuzugang.
„Ich bin froh darüber, dass dieses Familienerbstück wieder seinen Weg zurück nach Freudenberg gefunden hat und hier demnächst als Ausstellungs-Exponat eine bleibende Verwendung findet,“ zeigt sich auch Bettina Schwacke zufrieden.
Remko Walter Siebel, auf ihn weisen noch heute die Initialen RWS am Gittertor seitlich des Hauses hin, hatte nach dem Krieg wesentliche Verantwortung für Freudenberg übernommen. So heißt es in dem von Amtsdirektor Dr. Helmut von der Nahmer 1955 herausgegebenen Verwaltungsbericht „Das Amt Freudenberg in der Nachkriegszeit“:
„Schon vor dem Einmarsch der Amerikaner in Freudenberg, der am 8. April 1945 erfolgte, hatte der damalige Amstbürgermeister Bald die Geschäfte an den stellv. Bürgermeister der Stadt Freudenberg, Herrn Remko Walter Siebel, abgegeben. Herr Siebel bemühte sich in den kritischen Tagen mit Erfolg, die Lebensmittelversorgung so gut wie möglich in Ordnung zu halten, die von der NSDAP gewünschte Zwangsevakuierung der Bevölkerung und die Sprengung lebenswichtiger Werke (Wasserwerk Freudenberg) und Brücken zu verhindern.“
Beruflich leitete Remko Walter Siebel mehr als drei Jahrzehnte als Geschäftsführer die Firma Albrecht Bäumer Maschinenfabrik in Freudenberg. Er starb am 26. April 1976 im 83. Lebensjahr.
Sein Vater, und damit der Urgroßvater von Dr. Alettha Bettina Schwacke, war der ebenfalls als Unternehmer in Freudenberg tätige Lederfabrikant Walter Alfred Siebel (20. 04. 1867-11. 10. 1941). Ihm wurde im Oktober 1930 „im Besonderen wegen seiner erfolgreichen Bemühung um das rechte Verhältnis zwischen Gemeinschaftsbewegung und Kirche“ von der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Münster der Titel des Ehrendoktors der Theologie verliehen. Sein stattliches Wohnhaus mit Kontor im unteren Teil der Oranienstraße (Nr. 9) wurde im Vorfeld des Kleinkaufhaus-Neubaues (HIT/Globus) im Juni 1985 abgerissen.
Q“uelle: 4Fachwerk-Museum, Aktuelles v. 22. April 2025