#BTW21: 6 aus 48 – „Archiv“ in den Wahlprogrammen der Parteien

Am 26. September wird der neue Bundestag gewählt. Siwiarchiv wirft einen Blick in die Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2021 der Parteien auf der Suche nach Archivischem:
1) Fehlanzeige: SPD, FDP, AfD, CSU, Tierschutzpartei, Volt Deutschland, BGE (Bündnis Grundeinkommen), SSW, Der III. Weg, BüSo, Liberal-Konservativen Reformer, Menschliche Welt, ÖDP, Bündnis C – Christen für Deutschland, Ab jetzt… Demokratie durch Volksabstimmung Politik für die Menschen, Die Partei, Bayernpartei, DKP, Die Grauen (Kurzfassung), Partei für Gesundheitsforschung, Partei für Kinder, Jugendliche und Familien – Lobbyisten für Kinder, die Basis, Team Todenhöfer, die urbane, Europäische Partei LIEBE, Demokratie in Bewegung, SGP, diePinken/Bündnis21, Partei des Fortschritts, die bergpartei, MLPD, Gartenpartei, dieBasis, Bürgerbewegung für Fortschritt und Wandel, UNABHÄNGIGE für bürgernahe Demokratie, Familien-Partei Deutschlands, Graue Panther, Klimaliste Baden-Württemberg, Thüringer Heimatpartei, V–Partei³ – Partei für Veränderung Vegetarier und Veganer, NPD, DIE SONSTIGEN – X

2) CDU:
„…. Mit der Überführung der Stasi-Akten ins Bundesarchiv sind eine dauerhafte Aufarbeitung und Beforschung dieses Aspektes der SED-Diktatur und die bewährte Form der Akteneinsicht auch weiterhin gewährleistet. Zur Bewältigung der Folgen der Diktatur für die Betroffenen ist die Positionierung der Opferbeauftragten beim Deutschen Bundestag ein wichtiger Meilenstein. Wir wollen Wissenschaft und Forschung zur SED-Diktatur auch in den kommenden Jahren explizit fördern und ausbauen. ….“ (S.128), Link

Grüne: Unter der Rubrik “ Rechtsextremismus bekämpfen, Netzwerke zerschlagen“: “ …. Deshalb richten wir nach dem Vorbild der Stasi-Unterlagen-Behörde ein Archiv über rechten Terror ein, in dem auch die Dokumente und Ergebnisse der 13 parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zum NSU ausgewertet werden und die langfristig Wissenschaftler*innen, Jour-nalist*innen und der Zivilgesellschaft zugänglich sind. …“ S. 82, Link

DIE LINKE: “ ….Böden und Meere schützen
Naturnahe und intakte Böden sind die Basis für einen intakten Planeten. Sie bilden das Fundament der natürlichen Lebensgrundla-gen und sind selbst Schätze der biologischen Vielfalt. Böden erfüllen verschiedenste Funktionen, von Kohlenstoffsenken, Was-serspeichern und Schadstofffiltern über die Grundlage für alle menschlichen Nutzungen bis hin zum wertvollen Archiv der Erdgeschichte. Die Meere bedecken 70 Prozent der Erdoberfläche und haben einen enormen Einfluss auf das Klima. Meeres-, Gewässer- und Bodenökosysteme beherbergen eine große Zahl an Lebewesen und Lebensräumen, die für das Leben auf unserem Planeten unersetzbar sind. Die Folgen der enormen Zerstörung und Beeinträchtigung von Böden, Gewässern und Meeren sind bereits sichtbar und bedrohen das Leben auf der Erde. Die Nutzung von Böden, Gewässern und Meeren muss endlich ökologisch nachhaltig werden, denn Boden- und Meeresschutz ist auch gelebter Klimaschutz. ….“ S. 76, Link

Freie Wähler (Bundesvereinigung): „…. Kultur und Medienvielfalt fördern
Wir wollen Kunst und Kultur pflegen und fördern, Tradition und Brauchtum bewahren und die geistigen Werte unserer Heimat für nachfolgende Generationen sichern. Dazu zählen der Erhalt und die Pflege von Baudenkmälern wie Schlössern und Burgen, Museen und Galerien, Schau- und Lichtspielhäusern, Orchestern und Musikvereinen sowie Bibliotheken und Archiven. ….“ (S. 81), Link

Piratenpartei: „…. Freier Zugang zu öffentlichen Inhalten
Jahr für Jahr investiert die Allgemeinheit viele Milliarden Euro in die Erzeugung und
Aufbereitung von Texten, Daten und Medien. Beispiele dafür sind die Ergebnisse der
staatlich geförderten Forschung, die Produktionen der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten und die Erzeugnisse von Kulturbetrieben und Bildungseinrichtungen
sowie der öffentlichen Verwaltung. Die Bürgerinnen und Bürger haben zu einem Großteil dieser Inhalte keinen oder nur sehr eingeschränkten Zugang, obwohl sie bereits für deren Herstellung bezahlt haben.
Wir PIRATEN schlagen dazu eine der beiden folgenden Lösungen vor:
Mit Anpassung im Urheberrecht: Das Urheberrecht ist entsprechend anzupassen,
dass es bei öffentlich finanzierten Inhalten dahingehend geändert wird, dass die
Urheber ihre Inhalte zwar selbst verwerten können, der Bevölkerung jedoch
automatisch ein Verwertungsrecht zufällt.
Ohne Anpassungen im Urheberrecht: Der Staat verpflichtet sich dazu, bereits bei
Auftragsverteilung (im Falle von (Hochschul)lehrern bei Abschluss des
Arbeitsvertrages) sich von den Urhebern ein unbeschränktes, bedingungsloses
Nutzungs- und Verwertungsrecht für alle Bürgerinnen und Bürger übertragen zu
lassen. Verträge ohne diese Bedingung sollen nicht mehr abgeschlossen werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass möglichst alle durch öffentliche Stellen erzeugten oder mit Hilfe öffentlicher Förderung entstanden Inhalte der breiten Öffentlichkeit frei zugänglich gemacht werden. Die Verfügbarkeit darf nicht durch Antragsverfahren, Lizenzen, Gebühren oder technische Mittel erschwert werden. Die Inhalte werden in offenen Formaten online zur Verfügung gestellt und archiviert. Weiterverbreitung sowie kommerzielle Nutzung sind ausdrücklich erwünscht.
Wir sehen die universelle Verfügbarkeit und Verknüpfbarkeit von Informationen als
wichtigen Teil der öffentlichen Infrastruktur auf deren Basis neues Wissen entsteht und mit dessen Hilfe der öffentliche Sektor kontrollierbar und optimierbar wird.
In Ausnahmefällen können bestimmte Informationen vorübergehend oder dauerhaft von
der Veröffentlichungspflicht befreit werden. Dafür müssen jedoch konkrete,
schwerwiegende Gründe (z. B. der Schutz persönlicher Daten oder die Bewahrung sehr
wichtiger Geheimnisse) vorliegen. Die Begründung muss in jedem Einzelfall explizit
dargelegt und veröffentlicht werden und ist generell anfechtbar.
Im Bereich Wissenschaft wird die Publikation nach dem Open Access Prinzip so schnell wie möglich ein zentrales Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Fördermittel. Die öffentlich rechtlichen Sendeanstalten werden nicht mehr daran gehindert, sondern verpflichtet, ihre Produktionen dauerhaft online abrufbar zu machen. Das Informationsfreiheitsgesetz wird überarbeitet und die Spielräume zur systematischen Umgehung der Informationspflichtenbeseitigt.
Langfristig wird ein öffentlich zugängliches Bürgerinformations-Portal geschaffen.
Behörden und andere Institutionen werden angewiesen, ihre öffentlichen Daten dort
einzustellen bzw. die eigenen Datenbanken an das Portal anzubinden. Das System muss umfangreiche Kategorisierungs-, Such- und Exportfunktionen sowie geeignete
Programmierschnittstellen für automatisierte Anfragen bieten. …“ (S. 32-33, Link)

S. 33: „…. Freie Bildung und Forschung
Im Bildungskontext muss die Mediennutzung für alle Bildungseinrichtungen frei von
Urheberrechtsabgaben erfolgen können. Bildung ist ein viel zu wichtiges Gut, um es
unnötig vielen Einschränkungen zu unterwerfen. Bildung ist Motor für Wissen, Wirtschaft, Innovation und Kreativität und unentbehrlich für die Weiterentwicklung einer Gesellschaft sowie die souveräne Teilhabe ihrer Mitglieder an dieser.
Zusätzlich muss die Position öffentlicher Bibliotheken gestärkt werden sowie die
Digitalisierung und Archivierung von Werken und der Zugriff darauf ausgeweitet und erleichtert werden.
So soll etwa die Absurdität entfallen, dass nur so viele digitalisierte Kopien eines Werkes verliehen werden dürfen, wie physische Exemplare vorhanden sind.
Auch für wissenschaftliche Forschungseinrichtungen werden wir eine möglichst freie
Mediennutzung ermöglichen. Forschung sollte ebenso wie Bildung möglichst wenigen
Beschränkungen unterliegen – sei es die naturwissenschaftliche Forschung oder Forschung im Rahmen der Zeitgeschichte ….“

S. 49: “ —-Freier Zugang zu allen aus Steuermitteln finanzierten Forschungsergebnissen (Open Access)
Förderung von Veröffentlichungen unter freier Lizenz
Zur Förderung von Veröffentlichungen wissenschaftlicher Ergebnisse nach dem Open-
Access-Modell soll als Infrastrukturmaßnahme einer allgemeinen, nicht
themenbeschränkten Open-Access-Zeitschrift nach dem Vorbild von PLOS One eine
Anschubfinanzierung aus Bundesmitteln gewährt werden. Weiterhin soll ein Open Access-Fonds aus Bundesmitteln gebildet werden, der die von Forschern zu entrichtenden Publikationskosten in Open Access-Zeitschriften bis zu einem bestimmten Betrag übernimmt. Ziel dieses Fonds ist, Open Access-Veröffentlichungen aus der Nutzenabwägung innerhalb des Budgets von Forschern herauszunehmen. Wir PIRATEN setzen uns für eine Stärkung der Eigenarchivierungsrechte von Autoren (z. B. auf Homepages der Autoren) ein. Diese stellen neben Zeitschriften für die Bevölkerung eine weitere kostenfreie Zugangsmöglichkeit zu Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung dar.
Bezahlschranken und überteuerte Lizenzpakete von Großverlagen gefährden eine zeitnahe Debatte aktueller Veröffentlichungen, die wissenschaftliche Nachvollziehbarkeit und damit die Forschungsfreiheit. Ziel ist es daher, innerhalb von 5 bis 10 Jahren alle Bibliotheken und Hochschulen vollständig auf digitale Literaturversorgung umzustellen. Wir unterstützen die deutschland- und europaweite Open-Access-Bewegung und das in diesem Bereich bereits sehr engagierte und erfolgreiche Hochschul- und Bibliothekspersonal.
Die Literaturversorgung muss von den knappen Etats der wissenschaftlichen Einrichtungen entkoppelt werden. Um ein Gleichgewicht zwischen Bibliotheken, Forschenden und Großverlagen herzustellen, bedarf es einer entschlossenen, institutionellen Förderung offener Publikationsformen, zum Beispiel durch Publikationsfonds. Sowohl Erstveröffentlichungen in elektronischen Medien als auch die Bereitstellung bereits publizierter Verlagswerke in frei zugänglichen Datenbanken sollen gleichberechtigt gefördert werden. …“

Partei der Humanisten: Unter der Rubrik „Für open data open access“: „ …. Forschungsergebnisse, die durch öffentliche Institutionen finanziert wurden, müssen für die Öffentlichkeit frei zugänglich sein. Gleiches gilt für Daten, die aus öffentlich finanzierten Quellen erzeugt wurden. Diese müssen daher ohne bürokratische Hürden der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Wir fordern, dass die öffentliche Hand einen Speicherort für großvolumige Datensätze mit wissenschaftlichem Hintergrund einrichtet und diese dauerhaft archiviert. ….“, Link

s. a. zum Vergleich „Bundestagswahl 2017 – „Archiv“ in den Wahlprogrammen der Parteien

6 Gedanken zu „#BTW21: 6 aus 48 – „Archiv“ in den Wahlprogrammen der Parteien

  1. Traurige Bilanz, danke für diese Zusammenstellung. Auffällig sind jedenfalls die Grünen. Wissen die denn nicht, welche Art von diktatorisch generiertem Schriftgut die Stasi-Unterlagenbehörde millionenfach verwahrt? Was Dokumentation, Analyse, Interpretation und öffentliche Diskussion von Rechtsextremismus und dessen Netzwerken angeht, böte sich aus Sicht der Grünen vermutlich auch eine Kooperation mit der Amadeu-Antonio-Stiftung an, die das seit vielen Jahren – mit Steuergeldern befördert – systematisch und durchaus erfolgreich macht. Eine NGO, die quasi hoheitliche und investigative Aufgaben übernommen hat. Deren Chefin könnte den Grünen allerdings auch erklären, durch wen und durch welche Unrechsthandlungen die Stasi-Akten, die jetzt in jenem von den Grünen als Vergleich bemühten Archiv lagern, im Wesentlichen zustande kamen. Sie war selbst knapp zehn Jahre IM

  2. Es gäbe genug zu tun:
    – Harmonisierung des Archivrechts mit dem Urheberrecht, mit den Datenschutzregelungen, mit Informationszugangsregelungen,
    – dauerhafte Sicherung der Bestandserhaltung analoger und digitaler Archivalien,
    – rechtzeitige Einbindung der Archive in den eGoverment-Prozess
    – wohin gehören die dienstlichen Anteile von Politikernachlässen? …

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