Die zweiteilige ARTE-Doku wird morgen vormittag ab 8:55 Uhr in Fernsehen gezeigt.

Brand der Siegener Synagoge am 10.11.1938, Standbild aus der Arte Doku (1/2), Min. 2:26, Quelle: Siegerländer Heimat- und Geschichtsverein, Foto: Erich Koch
„In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 initiierten die Nazis im gesamten Deutschen Reich antijüdische Gewalttaten. Hunderte in Archiven wiedergefundene Fotos und Filme vermitteln eine Vorstellung von diesen Pogromen. 30.000 Juden wurden in Konzentrationslager deportiert. Die Novemberpogrome markieren ein bis heute bedrückendes Ereignis der deutschen Geschichte.
Seit der Machtergreifung im Jahr 1933 verfolgten die Nationalsozialisten mit geradezu obsessiver Hartnäckigkeit vor allem ein Ziel: Sie wollten sich der Juden entledigen. Von den Nürnberger Gesetzen bis hin zum „Anschluss Österreichs” und den Novemberpogromen 1938 diskriminierten und verfolgten sie die jüdische Bevölkerung systematisch in der Hoffnung, sie ins Exil zu treiben.
Als der aus Polen stammende junge jüdische Emigrant Herschel Grynszpan jedoch am 7. November 1938 auf einen Diplomaten an der deutschen Botschaft in Paris schoss, nahmen die Nationalsozialisten das Attentat zum Vorwand, um das Opfer zum Märtyrer zu erklären und zu Pogromen aufzurufen. Das Ziel war, die im Deutschen Reich verbliebenen Juden durch physische Gewalt und Drohungen zur Flucht zu zwingen. Gleichzeitig wurde die Enteignung und „Arisierung” ihres Besitzes in die Wege geleitet.
Damit markieren die Novemberpogrome ein unumkehrbares Momentum in der Geschichte des NS-Staates und seiner antisemitischen Politik hin zu einer staatlich gelenkten, systematischen Vertreibung durch Diebstahl, Gewalt und Einschüchterung. Während die deutschen Juden bis dahin versucht hatten, mehr oder weniger geordnet zu emigrieren, kam es nun zu einer panischen Massenflucht. Doch in den meisten Aufnahmeländern begegnete man den Geflüchteten feindselig. Nur wenige Monate später sollte die Falle zuschnappen. Der Krieg brach aus und holte auch jene ein, die geglaubt hatten, dem NS-Wahn entkommen zu sein.
Dokumentation von Marie-Pierre Camus und Guillaume Vincent (F 2025, 52 Min)“
Kritik an der Dokumentation gibt es von Bastian Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, via Facebook am 31.10.2025:
„Das ist wirklich ärgerlich: ARTE legt hier eine aufwändig produzierte Dokumentation vor, die schon jetzt in den Mediatheken und bei YouTube läuft, die aber trotz aller Aufhübschung einen Forschungsstand von anno dazumal auftischt. Erneute Fixierung auf die brennenden Synagogen anstatt auf die Terrorakte gegenüber Menschen – und abermals wird von 91 Ermordeten bzw. Toten gesprochen. Wie in den Siebzigern! Ist das nur Schlampigkeit und Desinteresse der Redaktionen oder eine bewusste Bagatellisierung? Alleine auf dem Gebiet des heutigen Landes NRW gab es 131 Tote. Das wissen wir seit 2019! Und in Rheinland-Pfalz und im Saarland waren es 71 [laut Studie: 74, Link: s. u.] Das sind profunde Forschungsergebnisse, die man hier ignoriert.“
Diese deutliche Kritik bezieht sich auf folgende Publikation; B. Fleermann/G.Genger/H. Jakobs/I. Schatzschneider: „Die Toten des Pogroms 1938“, Düsseldorf 2019 und auf die jüngst vorgestellte rheinland-pfälzische Studie.
Video verfügbar bis zum 27/11/2025 (!)
Link zur Arte-Mediathek: https://www.arte.tv/de/videos/117734-001-A/die-nacht-der-schande-novemberpogrome-1938-1-2/
Video verfügbar bis zum 27/11/2025 (!)
Link zur Arte-Mediathek: https://www.arte.tv/de/videos/117734-002-A/die-nacht-der-schande-novemberpogrome-1938-2-2/
Literatur zum Pogrom 1938 im Kreisgebiet (Auswahl):
– Michael BROCKE(Hg.), Feuer an Dein Heiligtum gelegt. Zerstörte Synagogen 1938 Nordrhein-Westfalen, Bochum 1999
– Kurt SCHILDE, „Ankauf von Synagogengemeinde Siegen“. Üblicher Liegenschaftsvorgang oder
„Arisierung“?, in: Siegener Beiträge 7 (2002), S. 217-228.
– Ulrich F. OPFERMANN, Die Ausschreitungen vom 9. und 10. November 1938 in einer ländlichen Kleinstadt und ihre Wahrnehmung und Rezeption nach 1945. Das Beispiel Laasphe, in: Siegener Beiträge. Jahrbuch für regionale Geschichte 8 (2003), S. 175-216
– ders., „Es kann hier keinerlei Rücksichten geben.“ Enteignung und Deportation am Beispiel einer kleinstädtischen Familie, in: Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten (Hrsg.), Gewalt in der Region. Der Novemberpogrom in Rheinland und Westfalen, Düsseldorf/Münster/Wuppertal 2008, S. 92-97
– ders., „Mit Scheibenklirren und Johlen“. Juden und Volksgemeinschaft im Siegerland und in Wittgenstein im 19. und 20. Jahrhundert, Siegen 2009
– Kurt SCHILDE, „… beschuldigt, … die Synagoge in Siegen in Brand gesetzt zu haben“: das 1948 gesprochene Urteil des Landgerichts Siegen gegen die Brandstifter und ein Kommentar, in: Siegener Beiträge 8 (2003), S. 229–252.
– „Da muß der Jude den Schaden bezahlen.“ Der 9. November als Versicherungsfall. Hrsg. vom Rektor der Universität Siegen anlässlich des 70. Jahrestags der Novemberpogrome von 1938. Texte: Kurt Schilde. Red.: Sabine Hering. Durchgesehene und erw. Aufl. der 2003 im Verl. der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland e.V. veröffentl. Fassung. Siegen 2008.
– Kurt SCHILDE. NS-Verbrechen „vor der Haustür“ – Novemberpogrome 1938. Vergleich der juristischen Aufarbeitung 1948 in Felsberg und Siegen. In: Thomas Vormbaum (Hrsg.), Jahrbuch der Juristischen Zeitgeschichte 12 (2011), de Gruyter, Berlin/Boston 2012
– Der Brand der Siegener Synagoge am 10. November 1938. Eine Fotodokumentation des Fotografen Erich Koch. Hrsg. von Traute Fries und Andreas Bingener im Auftr. des Aktiven Museums Südwestfalen e.V. und des Siegerländer Heimat- und Geschichtsvereins e.V. (Beiträge zur Geschichte der Stadt Siegen und des Siegerlandes 28). Siegen 2019.
– B. FLEERMANN/G.GENGER/H. JAKOBS/I. SCHATZSCHNEIDER: „Die Toten des Pogroms 1938“, Düsseldorf 2019

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