„Wie die Reformation in das Siegerland kam“

Rückblick auf einen Vortrag

Das Siegerland gilt als evangelisch geprägter Landstrich. Aber natürlich war das nicht immer so – die vor 500 Jahren ganz neuen Ideen der Reformatoren mussten zunächst ihren Weg in die Region finden. Wie es dazu kam, darüber hielt Pfarrer Dr. Tim Elkar jetzt einen fachlich anspruchsvollen Vortrag im Gemeindehaus Oberfischbach. Elkar ist Pfarrer in Erndtebrück und hat seinen Doktor unter anderem in Kirchengeschichte gemacht.

Pfarrer Dr. Tim Elkar aus Erndtebrück erklärte in seinem anspruchsvollen und informativen Vortrag, wie die Reformation im Siegerland Fuß fasste. Foto: Stefanie Bald

Anfänge unter Graf Wilhelm von Nassau-Dillenburg
Der Herrscher, der die Reformation ins Siegerland brachte, war Graf Wilhelm von Nassau-Dillenburg. Denn ob, wann und wie sich ein Landstrich der Reformation anschloss, entschied allein der dortige Machthaber – längst nicht immer aus rein religiöser Motivation. „Die Geschichte der Reformation hat viel mit Macht und Politik zu tun“, stellte Elkar klar. Nach der Meinung der Gläubigen wurde nicht gefragt.
Trotz der alleinigen Entscheidungsgewalt des Grafen wurde die Reformation keine Hau-ruck-Aktion, sondern ein langer Prozess. Reste der althergebrachten Volksfrömmigkeit hielten sich zunächst und nicht zuletzt fehlten anfangs schlicht einige nötige Strukturgeber, z.B. Pfarrer, Gesangbücher und der für das Siegerland so prägende Heidelberger Katechismus, der erst ab 1581 verbreitet wurde.
Auch Graf Wilhelm selbst trieb die Reformation nicht konsequent voran. Zwar verbot er schon 1518 (nur ein Jahr nach Luthers Thesenanschlag) den Ablasshandel in seinem Herrschaftsbereich. Andererseits stiftete er noch 1528 einen neuen Altar für die Siegener Martinikirche und erwog eine Heirat mit einer katholischen Frau. Schließlich aber heiratete er Juliana von Stolberg, die aus einem lutherisch geprägten Gebiet stammte. Diese Hochzeit beschleunigte die lutherisch geprägte Reformation des Siegerlandes. 1537 entsteht die Nassauer Kirchenordnung und das neue Amt des Superintendenten soll künftig die Schnittstelle zwischen weltlicher und kirchlicher Macht bilden.

Calvinistische Impulse aus den Niederlanden
Wiederum sind es politisch-weltliche Ereignisse, die den Reformationsprozess beschleunigen: Nach dem Tod Graf Wilhelms 1559 übernimmt sein Sohn Johann VI die Regierung. 1567 bekommt dieser ungeplanten Besuch seines Bruders Wilhelm I. von Oranien: Die Niederlande führen Krieg mit Spanien und Wilhelm musste Holland fluchtartig verlassen. In seinem Gefolge nimmt die Region eine große Menge niederländischer Flüchtlinge auf, die ihre reformierte, calvinistische Prägung mitbringen.
Den endgültigen Durchbruch im Gebiet des heutigen Siegerlandes schafft diese Prägung schließlich Ende der 1570er Jahre, als sich eine Gruppe vertriebener sächsischer und kurpfälzischen Geistlicher in der Region ansiedelt. Ihr Wirken macht das Siegerland zu einem der Hauptstützpunkte des Calvinismus in Deutschland.
Die Gemeinden beginnen, sich nach einer neuen Ordnung zu organisieren: 1586 entsteht die presbyterial-synodale Struktur, die bis heute die evangelische Kirche prägt.
Das Siegerland wurde also praktisch zweimal reformiert: zuerst lutherisch, später calvinistisch.

500 Jahre Reformation. Und jetzt?
Zum Schluss schlug Elkar den Bogen ins Heute. Was ist geblieben nach 500 Jahren Reformation, welche Lehren kann die heutige Kirche ziehen? Elkar formulierte dazu fünf Punkte:

Kirche soll sich auf ihre Kernaufgabe konzentrieren: Gottes Wort verkünden und für Menschen da sein.

Die verschiedenen Gruppierungen innerhalb der (evangelischen) Kirche – auch und vor allem im Siegerland – sollten ihre Gemeinsamkeiten suchen. „Wir werden insgesamt weniger und sollten uns deshalb nicht weiter aufspalten.“

Der Bezug zu Jesus Christus als einziger Quelle des Heils muss als Kernpunkt der Lehre und als Profil der evangelischen Kirche erkennbar sein und bleiben.

Es sollte sich die Erkenntnis durchsetzen, dass der Pfarrer nur ein Gemeindeglied unter vielen ist, der besondere Aufgaben hat, aber nicht allein eine Gemeinde am Leben erhalten kann. Gemeinde muss von vielen getragen und gelebt werden.

Die Kirche sollte lernen, menschliche Leistungen zu würdigen. Zwar kann Gottes Gnade nur geschenkt und nicht durch Leistung verdient werden – Fleiß und gute Taten dürfen auf menschlicher Ebene aber durchaus gewürdigt werden.
Quelle: Evangelischer Kirchenkreis Siegen, 8.3.2017, Text Stefanie Bald

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