Erich Moning (1902 – 1967) – Bürgermeister (1929 – 1945) und Oberkreisdirektor im Siegerland (1946 – 1963)

Erich Moning, Kreistagssitzung 16.11.1956 (Quelle: KrA SI-WI, Bildsammlung)

“Ich kann nicht mit halber Kraft arbeiten” (aus der Trauerrede Heinz Kuhbiers, 18.9.1967)

Im Rahmen der Diskussionen um den Siegener Oberbürgermeister Alfred Fissmer rücken auch weitere höherrangige Kommunalbeamte in den Blick, deren Karriere in der Weimarer Republik im Siegerland begann. Nach dem Landrat Heinrich Goedecke sowie den Amtsbürgermeistern Alexander Hirschfeld und Andreas Vomfell folgt nun ein tabellarischer Lebensweg Dr. Erich Monings:

Familie
• geb. 11.11.1902 in Schwerte/Ruhr, gest. Mi. 13.9.1967 19:45 Uhr in Buschhütten
• Heinrich Moning, Oberbahnassistent in Hagen, Marie geb. Nolte; 1 Bruder; Beamtenfamilie
• 1906 verzog die Familie nach Hagen
• Ev., Konfirmation: Psalm 91
• Seit 14.6.1929 verh. mit Hedwig geb. Ackermann (*30.1.1904, gest. 20.5.1990), 4 Kinder (1 Tochter *1930, 3 Söhne *1932, *1937 und *1935)

Schule und Studium
• 1909 – 1913 ev. Volksschule
• 1913-1921: 8 ½ Jahre Städt. Oberrealschule, (1 ½ Jahre Primaner)
• Abitur Ostern 1921
• Banklehre 1.10.1921- Juli 1923 bei Barmer Bank-Verein
• 3.8.1923 – 31.3.1924 Hilfsangestellter bei Stadtverwaltung Hagen (Wohlfahrtsamt, Rechnungsführung)
• SS 1924 – 1927 Studium der Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Tübingen (SS 24, WS 24/25) und Köln (Dipl. Volkswirt: 31.5.1927 (gut))
• Diplom-Arbeit: “Die Theorien der Preis- und Einkommensbildung bei Jevons und Cassel” (gut)
• Diss. In Köln: Arbeitsbeschaffung für Erwerbsbeschänkte” im Mai 1928 (gut) [Referent Prof. Lindemann, Staatsminister a. D. dort auch alle Vorlesungen und Prüfungen besucht]
• Dr. rer. pol.
• 1. Staatsexamen, 2. Staatsexamen
• 1923 Mitbegründer des „Geschäftsführenden Vereins der Bilbelkreise unter Schülern der höheren Lehranstalten“ in Hagen (u. a. mit Theodor Noa)
• 1924-1928 Deutsche Studentenschaft

Beruf
• ab 18.06.1928 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bei der Stadt Finsterwalde
• ab 1. Juli 1929 Bürgermeister der Stadt Hilchenbach
• 3.7.1929 feierliche Einführung (Artikel Kreuztaler Zeitung 3.7.1929, SZ 4.7.1929)
• ab 25.1.1932 Bürgermeister des Amtes Ferndorf (ca. 6000 RM jährlich))

Nationalsozialismus
• 29..8.1934 Beamteneid auf A. H.
• 1.5.1937 Beitritt zur NSDAP (Mitgliedsnummer: 5.889.298)
• Antrag auf Mitgliedschaft von Kreisleitung abgelehnt und von Gauleitung be-fürwortet (vgl. Alfred Fissmer)
• 1934-1939 förderndes Mitglied der SS
• Nationalsozialistisches Fliegerkorps (1935ff.),
• Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen/ NS-Rechtswahrerbund B (1934ff.), Og.-Obm.,
• Reichsbund der Kinderreichen Deutschlands zum Schutze der Familie/(später:) Reichsbund Deutsche Familie (1930ff.)
• Volksbund für das Deutschtum im Ausland (1935ff.)
• Deutsche Christen (1933)
• MGV Germania, SGV, Turngemeinschaft Eichen, Ehrenmitgl. (1937)
• Tätigkeit für des Kreisamt der NSDAP für Kommunalpolitik: Berichte (Anregungen für die Herausgabe von Gesetzen und Erlassen)
• NSDAP-Opferring
• Angebot SA-Standartenf. Richard Odendahl: Aufnahme von M. in den Stab seiner Standarte, ausweislich SA-Stammrolle Aufnahme in die SA (1934) (1947 von M. bestritten),
• seit 11.12.1940 Freistellung vom Heeresdienst “entgegen seinen persönlichen Wünschen”
• Anhänger der Bekennenden Kirche, 1933 Einschreiten gegen SA-Auftreten (während des Krieges Beleidigung in öffentlicher Versammlung in Ferndorf)
• nach NS-Ende Vorwurf, als BM die Deportation von drei „Asozialen“ zu verantworten (M. 1947: die Kritik an ihm gestehe ein, „daß es sich in allen drei Fällen um Asoziale gehandelt hat und daß keinerlei politische Momente vorgelegen haben.“) – die drei Deportierten: Walter Brombach und Richard Heide, in KZ Sachsenhausen bzw. Wewelsburg verstorben, und Lucie Stöcker („Herumtreiberin“), KZ Ravensbrück überlebt –

Entnazifizierung
• Entlastungserklärungen u. a. für Marie Born, Otto Gerlach, Carl Giebeler, Wilhelm Hohlsiepe, Heinrich Klein, Karl Meckel, Fritz Münker, Hans Scheppig, Friedrich Siebel, Karl Weber, Justus Weihe, Bernhard Weiss, als OKD Unterstützer der BVK-Verleihung an Otto Krasa (1957), Straßenbenennung in Kreuztal („Dr.-Erich-Moning-Straße“)
• Entn.: „tragbar“ (1947), „nominelles Mitglied“, „[NS-]Gegner“, sei „gewillt“ gewesen „auch aktiv Widerstand zu leisten“, IV o. VSp. (1947), „tragbar als OKD, V“ (1948)
• Selbstaussagen:
• Zur Fördermitgliedschaft in der SS: „… in Littfeld (traten) zahlreiche Bürger der SS als förderndes Mitglied bei, um Schutz zu genießen. Ich selbst habe damals ebenfalls diesen Rückhalt notwendig gehabt.“ (1946)
• Zu möglichen Folgen der Deportation der drei Einwohner des Amts Ferndorf nichts gewusst: „Weder dem Vormund noch dem Richter noch auch mir war Ende 1938 bekannt, daß in einem Arbeitslager bezw. Besserungslager Menschen ermordet wurden. Das war damals nicht einmal von den Konzentrationslägern bekannt. Ob Heide … ermordet [wurde] oder eines natürlichen Todes gestorben ist, ist naturgemäß nicht zu ermitteln. Die Angehörigen, der Vormund, der Richter und die Polizei hatten damals zu wählen zwischen der Familie [des Alkoholikers] und dem ohnehin zum Selbstmord neigenden Heide.“ (1947)

Bundesrepublik
• nach 1945 parteilos
• Landkreis Siegen: Kreisoberverwaltungsrat 1. Juni 1945-Februar 1946
• Kreisfinanzdirektor 5. Februar 1946-Juni 1947
• „vom Kreistag zum OKD vorgeschlagen, von der Militärregierung zu nächst abge-lehnt (1946)“ (Opfermann)
• 1.7.46 vtw. OKD, 23.8.1947 OKD Siegen
• OKD vom 29.6.1946 – 22.8.1947 (kommissarisch)
• 23.8.1947-22.8.1959 u. 23.8.1959-31.12.1963 (vorzeitiger Ruhestand wegen dau-ernder Dienstunfähigkeit nach Dienstunfall mit PKW in der Nähe von Kleve am 9.11.1962)

Mitgliedschaften, Funktionen
• Dez. 1947ff Aufsichtsrat der Hüttenwerke Siegerland (Eichener Walzwerk)
• April 1947 Vertreter des Kreises in den Gremien des RWE
• Aufsichtsratsmitglied Westfälische Ferngas AG
• Aufsichtsratsmitglied Gewerkschaft Steinkohlebergwerk Viktoria Matthias Essen
• Schulausschuss Südwestfälische Verwaltungs- und Beamtenschule, Hagen
• Juli 1948 Beirat Ev. Jung Stilling Krankenhaus Siegen
• Förderer Ev. Gymnasium Weidenau (Kuratoriumsvorsitzender)
• 1960 Stiftskurator Geseke-Keppel (Erweiterung, Modernisierung, Sportanlagen)
• Mitglied der Synode Ev. Kirche Kr. Siegen (Opfermann)
• 1962-1966 Beirat der Staatl. Ingenieurschule in Siegen
• Oberleiter des Gillerbergheims (Verdienst Ms!?, Sportförderung)
• Ehrenmitglied des Siegerländer Turnbundes
• Förderer Turnverein Eichen

• Mitglied des vorläufigen Provinzialausschusses und des beratenden Ausschusses für die Provinzialverwaltung 1947-1953
• Mitglied in Gremien des Landkreistages NW: Vorsitzer des Finanzausschusses 1947-1963, Vorstand 1947-1954, stell. Vorstandsmitglied 1957-1963
• Vor 1963 Vorsitzer der Landeskonferenz der Oberkreisdirektoren in NW
• Mitglied in Gremien des Deutschen Landkreistages: Finanzauschuß

Ehrungen
• 1964 Ehrenplakette der IHK
• 1960 Siegerlandthaler des Siegerländer Heimat- und Geschichtsvereins

• Dienstwohnung: Fürst Moritz Str. 12/14, später: Bruchstr. Buschhütten
• Trauerfeier 18.9.1967 Bühne der Stadt Siegen: Siegerland-Orchester: Bach, Air, Mendelsohn-Bartholdy, Andante con moto d-moll op. 90, Beethoven, Ouvertüre “Coriolan”
• Verdienst/Würdigung: Verfechter bürgerschaftlicher Selbstverwaltung, Menschenführung, Fleiß, Mann des Ausgleichs
• Themen: Wiederaufbau, Wirtschaftsförderung, Wohnungsbau, Raumordnung (kommunale Neugliederung, Vorarbeiten Siegerland-Gesetz?), Kultur- und Ge-sundheitspflege (Krankenhausplanung), Finanz- und Schulwesen, Sozialpolitik,
• 1953 gegründeter Wasserverband Siegerland (!), Bau der Breitenbach-Talsperre (wirkte dem Wassernotstand 1959 entgegen)
• Irle: „Einer der besten Finanzexperten in Nordrhein-Westfalen“
• Vermächtnis “Siegerland zwischen gestern und morgen“

Werke:
– „Der neue Landkreis Siegen“, in: Westfalenspiegel 15 (1966), S. 6 – 11

Quellen:
Kreis SIWI, Altregistratur, Personalakten (4 Hefter) Dr. Erich Moning
Häming, Josef: Die Abgeordneten des Westfalenparlaments 1826–1978 (Westfälische Quellen und Archivverzeichnisse, Bd. 2), Münster 1978, S. 459 (Nr. 1085)
Heinzerling, H.: Dr. Erich Moning. Einem besondern Menschen zum Gedächtnis, in: Siegerländer Heimatkalender1970, S. 59-60
Irle, Lothar: Siegerländer Persönlichkeiten- und Geschlechterlexikon, Siegen 1974, S. 226
Landkreistag Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Dokumentation über die Landräte und Ober-kreisdirektoren in Nordrhein-Westfalen 1945 – 1991 stammen, Düsseldorf 1992, S. 704.
Opfermann, Ulrich Friedrich: Siegerland und Wittgenstein im Nationalsozialismus. Personen-Daten-Fakten. Ein Handbuch, Jahrbuch für regionale GeschichteSonderband 2001, Siegen 2001, S. 240
Siegerländer Heimatkalender1969, S. 159 (H.H.)
SZ 30.5.1973
Eintrag „Moning, Erich“ in: Regionales Personenlexikon zum Nationalsozialismus in den Altkreisen Siegen und Wittgenstein, Link: http://akteure-und-taeter-im-ns-in-siegen-und-wittgenstein.de/verzeichnis/gesamtverzeichnis-l-z/#moning (Letzter Aufruf: 7.7.2022)

Noch auswerten:
Archiv LWL, VerwaltungsA II K 162, 163, 172 – 196, 262
SZ 7.3.1959, 10.11.1962, 145/213-215 1967, 19.01.2010
Slg Monatsspiegel 12/1963
Vitt Nr. 6009 (Klein, Karl)
WP SI 28.10.1948 Freispruch Schwurgerichtsverfahren
VE/Rt 3.11.1948 Freispruch Schwurgerichtsverfahren
WP SI 10.11.1952 WR SI 25.2.1997
LA NRW, Abt. Rheinland, NW 1.127-865
SNZ, 17.10.1938
WR/Rt, 12.11.1962
Beckstein, Hermann: Selbstverwaltung und Selbstorganisation in der Besatzungszeit. Die Landkreise in Nordrhein und Westfalen in den Nachkriegsjahren, in: Geschichte im Westen (1991), S, 173 – 189
Nauck, Corinna: Mit Bürgersinn und Bürgergeist. Kommunale Selbstverwaltung und Stadtentwicklung in der kreisfreien Stadt Siegen 1928-1961, 1999
Pfau, Dieter: Die Geschichte der Juden im Amt Ferndorf (1797-1943). „Den Juden ist aber hier kein Leid zugefügt worden.“, Bielefeld 2012
Siegerländer Heimatkalender 1954 (Siegerländer Chronik), 1955 (Siegerländer Chronik), 1959 (Siegerländer Chronik), 1965 (Siegerländer Chronik), 1974 (Siegerländer Chronik, Gedenktafel)

Link:
Seite „Erich Moning“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 5. Juni 2020, 07:16 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Erich_Moning&oldid=200645854 (Abgerufen: 14. April 2021, 10:59 UTC)

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