Rubens-Frühwerk im Siegerlandmuseum

Leihgabe mit freundlicher Unterstützung des Auktionshauses Lempertz, Brüssel

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Kreuzabnahme um 1600, Öl/Leinwand, von Peter Paul RubensEigenes Werk
Originaltext: Eigenes Foto, Gemeinfrei, Link

1598 beendete Peter Paul Rubens seine Ausbildung zum Maler. Damit war er befugt, eine eigene Werkstatt zu eröffnen. Den gerade 21jährigen zog es jedoch nach Italien, dem Land, in dem sein Vater Jan Rubens studiert hatte und in dem sein älterer Bruder Philipp derzeit lebte. Die Beschaffung der notwendigen Papiere und Gesundheitszeugnisse verzögerte sich, so dass Rubens erst Anfang Mai 1600 aufbrechen konnte. Sein erstes Ziel war Venedig, wo man gerade den alljährlichen Karneval feierte und wo sich auf Grund dieser Festivitäten viele Reiche und Prominente aus ganz Europa aufhielten. Durch die Vermittlung eines Freundes begegnete Peter Paul in der Dogenstadt dem Herzog von Mantua. Vincenzo Gonzaga hatte 1599 Antwerpen besucht und der angehende Maler war ihm wahrscheinlich schon dort vorgestellt worden. Ausschlaggebend war dabei die Verbindung der Familie Rubens zur Familie van der Neesen. Schon die Eltern, Denis van der Neesen und seine Gemahlin waren mit Jan Rubens und Maria Pypelincks befreundet gewesen. Ggf. war es Denis, der Maria in den Jahren der Gefangensetzung des Gatten in Dillenburg und der schweren Zeit in Siegen beratend zur Seite stand. Später freundeten sich auch die Kinder untereinander an. Johann oder Jean van der Neesen war etwa im Alter von Philipp Rubens und bestens bekannt mit Peter Paul. Nun war er seit geraumer Zeit der Sekretär des Herzogs von Mantua. Wo auch immer dieser hinreiste, Johann begleitete ihn und war nicht selten für die Logistik der Unternehmungen zuständig. Durch seine Intervention wurde Rubens binnen weniger Tage Hofmaler des kunstbeflissenen Gonzaga, ein Unterfangen, das unter normalen Umständen oft Jahre in Anspruch nahm. Als Intimus der Familie des Herzogs wusste van der Neesen auch, das sich die Herzogin von Gonzaga, Eleonore geborene Medici, für ihre Privatkapelle im Palazzo Ducale ein Altarbild mit der Darstellung einer „Kreuzabnahme“ wünschte, auch weil die Hofkapelle dem Heiligen Kreuz geweiht war. Rubens wurde mit der Ausführung beauftragt. Man weiß, dass er verschiedene Gemälde in seinem Reisegepäck von Antwerpen nach Italien mit sich führte, allerdings kennt man weder die Anzahl noch die Motive. Es ist jedoch anzunehmen, dass van der Neesen Rubens auf die Wünsche der Herzogin hinwies, dass der geschäftstüchtige Maler eine Kreuzabnahme vorbereitete und diese dann bereits mit nach Italien nahm, um dort nur noch kleine Veränderungen und Anpassungen vorzunehmen.

Das jetzt im Siegerlandmuseum ausgestellte Bild hat die exakten Maße des Altarbildes von Mantua. Es ist ohne Vorzeichnung direkt auf die Leinwand gemalt worden, womit eine Kopie fast ausgeschlossen werden kann. Das Gemälde selbst hing bis zum Tod der Eleonore von Gonzaga im Jahre 1611 in deren Privatkapelle. Dann wurde das Bild entfernt und in einem Kloster untergebracht. Vor fast 20 Jahren wurde es wiederentdeckt und restauriert. Die Fehlstellen waren erstaunlich gering. Es gab lediglich einen massiveren Schaden an der Leinwand, der jedoch repariert werden konnte. Die Analysen der Farbpigmente ergaben eine eindeutige Zuordnung ans Ende des 16. bzw. beginnenden 17. Jahrhunderts. Das Altarbild wurde bisher lediglich 2005 in Mantua ausgestellt. Justus Müller-Hofstede veröffentlichte das Werk im Katalog zur Ausstellung P. P. Rubens im Von der Heydt-Museum Wuppertal 2012, nicht jedoch in der begleitenden Ausstellung präsentiert. Siegen ist damit die erste Dauerausstellungsstation für das Bild.

Rubens war bei Anfertigung der Kreuzabnahme 22 oder 23 Jahre alt. Er stand ganz am Anfang seiner Karriere und in der Anlage des Bildes zeigen sich noch ganz die Schwächen des sehr jungen Malers. Rubens war sich bewusst, noch keinen ausgereiften Stil erreicht zu habe. Die Einsicht in die eigenen Mängel hatte seinen Entschluss reifen lassen, seine Studien in Italien zu vervollkommnen, was er in den Jahren 1600 bis zur Rückkehr nach Antwerpen 1608 bevorzugt durch das Studieren alter Meister in die Tat umzusetzen versuchte. Zurück in der Scheldestadt fertigte er dann 1611 eine zweite Kreuzabnahme an, die in der Kathedrale von Antwerpen zu bestaunen ist und die viele Parallelen zur ersten Fassung aufweisen kann.

Die Übernahme der Leihgabe wird begleitet von einer Galerie-Ausstellung zum Thema „Kreuzabnahme“. Sie zeigt Kupferstiche nach Werken von Rubens, van Dyck, Jordaens und Diepenbeke.
Quelle: Siegerlandmuseum, Pressemitteilung, 1.3.18

s. a. Westfalenpost, 1.3.2018

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