Blick in die Vergangenheit: Stadtarchiv Siegen erinnert an den Anbau von Tabakpflanzen und die Gründung einer Tabak-Schule unter dem „Krönchen“

Wer hätte das gedacht? Mehrere Monate nach Teillegalisierung von Cannabis, der kontrollierten Freigabe der Droge für den Eigenbedarf volljähriger Personen und der Möglichkeit zur Kultivierung von bis zu drei Cannabispflanzen im privaten Raum verdeutlicht eine seltene Druckschrift im Bestand des Stadtarchivs Siegen, dass schon vor zweieinhalb Jahrhunderten in der heimischen Region der Anbau von Tabakpflanzen beworben wurde. Die 1780 in Herborn gedruckte Broschüre „Anweisung wie der Tabak zur eigenen Bedürfnis des Nassauischen Landmannes zu pflanzen und zum Rauchen zu bereiten ist“ ist Bestandteil der Historischen Bibliothek des Stadtarchivs, in der sie unter der Signatur-Nummer 1283 geführt und ab dem 2. September 2024 mit anderen Exponaten in einer Glasvitrine des Lesesaals präsentiert wird.

Schriftliche Nachweise über einen „Empfang von Tabak“ datieren bereits ins 17. Jahrhundert zurück, wie Warenrechnungen (sogenannte „Imposten“) aus dieser Zeit zu berichten wissen. Neben Malz, Hopfen, Wolle, Hanf, Bier, Essig, Wein und Lederhäuten wurden beispielsweise im Jahr 1690 auch mehrere „Centner Tabak“ nach Siegen gebracht, wie die Stadtschöffen notierten. Die Erzeugnisse wurden damals entweder von einem „Cöllnischen Fuhrman“ oder von „Italianer, Frantze [Franzosen] undt Juden“ nach Siegen transportiert. Doch erst einhundert Jahre später wurde augenscheinlich der Versuch unternommen, den Anbau mit landesherrlicher Genehmigung auch im Siegerland zu fördern und zu reglementieren. „Ausdrücklich wir in der Druckschrift aus dem Jahr 1780 beispielsweise vor dem sogenannten ‚türkischen Tabak‘ mit seinen dunkelgrünen Blättern und seiner berauschenden Wirkung gewarnt“, wie Christian Brachthäuser vom Stadtarchiv Siegen zu berichten weiß. „Die Broschüre trägt aber weniger den Charakter eines Ratgebers für Hobbygärtner in nassau-oranischer Zeit als vielmehr einer erzieherischen Maßnahme, um möglichen Missbrauch vorzubeugen“, so der Bibliothekar. Offenbar handelte es sich schon damals um ein lukratives Geschäft. Zu Jahresbeginn 1798 kündigte der Siegener Tabakfabrikant Johann Henrich Schweisfurth die Eröffnung einer Tabak-Schule auf der Sieghütte an. Seine Motivation: Durch einen erlernten Umgang mit Tabakpflanzen sei man besser imstande, „unächte, schlechte, manchmal durch allerhand Schmierereyen und schädliche Farben verfälschte, der Gesundheit nachtheilige Waare“ aus dem Verkehr zu ziehen, wie es in einer Presseannonce vom 6. Januar 1798 heißt. Denn längst hatte man auch unter dem „Krönchen“ erkannt, dass Rauchtabak „zu einem wichtigen Handels-Artickel geworden ist“, so Schweisfurth. Ausgewählte historische Schriftzeugnisse zur Geschichte des Tabakanbaus und -konsums unter dem „Krönchen“ können ab Dienstag, den 2. September 2025, in einer Glasvitrine im Lesesaal des Stadtarchivs Siegen (KrönchenCenter, Markt 25 in 57072 Siegen – 3. Etage) besichtigt werden. Der Eintritt ist frei!
Quelle: Stadtarchiv Siegen, Medieninformation v. 25.8.25

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