Vor 70 Jahren: Erste Landtagswahlen in der Britischen Besatzungszone

Unser Bundesland feiert dieses Jahr seinen 70. Geburtstag und die nächsten Landtagswahlen stehen vor der Tür. Grund genug, an die ersten Landtagswahlen im Jahre 1947 zu erinnern und einen kurzen Blick auf deren Ablauf in Wittgenstein zu werfen.
Nordrhein-Westfalen war im August 1946 gegründet worden und mit der Angliederung des Landes Lippe am 21. Januar 1947 erreichte es seine bis heute bekannte Form. Eine erste Erfahrung mit Wahlen und somit der Demokratie, hatte man schon im Herbst 1946 mit der Durchführung der Kommunalwahlen machen können.
Am 5. März wurde das Landeswahlgesetz verabschiedet und die ursprünglich für den 30. März angesetzten Wahlen fanden, in Abstimmung mit der alliierten Militärregierung, am 20. April statt.
Damals sah man noch eine dreijährige Wahlperiode vor, und die Liste der Voraussetzungen, die zu einem Ausschluss von der Wahlberechtigung führte, war lang. Wer etwa Mitglied der Gestapo oder der SS gewesen war (es sei den man war zur Waffen- SS eingezogen worden) oder schon vor dem 1. März 1933 Mitglied der NSDAP oder der Hitlerjugend geworden war, durfte seine Stimme nicht abgeben. Im Amt Berleburg z.B. waren von dieser Art von Regelungen 211 Personen betroffen, im Amt Laasphe 133 und im Amt Erndtebrück 45.
In Wittgenstein zeigte sich zumindest Landrat Hans Sandkuhl wenig begeistert darüber, dass der Kreis zusammen mit Meschede einen Wahlkreis bilden sollte. Er vertrat die Meinung, dass Wittgenstein mit seinen 42.000 Einwohnern ein „selbständiger Wahlkreis mit eigenem Kandidaten“ sein sollte. Er protestierte „aufs Schärfste“ beim Ministerpräsidenten, fand aber kein Gehör. Der Wahlkreis Meschede- Wittgenstein bestand fort bis zur Neueinteilung der Wahlkreise 1980.
In Wittgenstein wie auch andernorts waren die Lebensumstände der Bevölkerung desolat.
Belange, die aus heutiger Sicht kaum noch vorstellbar erscheinen, mussten berücksichtigt werden. So war abzuklären, wie hoch der zusätzliche Kalorienbedarf für die an der Durchführung der Wahl beteiligten Personen wohl sein werde und um wieviel höher der Kohlenbedarf. Die Verteilung von Glühlampen musste geregelt werden und Papiermangel erschwerte die Wahlvorbereitungen noch zusätzlich.
Die Landesregierung einigte sich mit der Oberpostdirektion darauf, dass für die ungehinderte Meldung der Wahlergebnisse alle Vermittlungsämter im Land in der Wahlnacht gut besetzt sein sollten. Das Kennwort „Landtagswahl“ bedeutete schnellstmögliche Herstellung einer Telefonverbindung.
Im Landkreis Wittgenstein bat der Kreiswahlleiter darum, das Wahlergebnis nach Ämtern zusammengefasst weiterzugeben. Aufgrund der hohen Zahl an Gemeinden wurde befürchtet, dass ansonsten die Telefonleitungen überlastet werden könnten.
25.756 Wahlberechtigte gab es in Wittgenstein, von denen 15.948 zur Wahlurne gingen; eine Wahlbeteiligung von 61,5% (NRW: 67,3%). Davon waren 723 Stimmzettel ungültig.
Gewinner war die CDU mit 7617 Stimmen, gefolgt von der SPD mit 6845. Die KPD konnte 599 Stimmen holen und die Deutsche Zentrumspartei 164. Nicht ganz klar wird die Rolle der FDP. Auf den Listen der Wahlergebnisse bleibt sie gänzlich unerwähnt. Bekannt ist, dass die Partei keinen Landtagskandidaten aufgestellt hatte, was jedoch auch auf die KPD zutraf, die aber wie erwähnt durchaus Stimmen erhielt.
Der CDU-Kandidat Paul Steup zog als Abgeordneter des Wahlkreises in den Landtag ein.
Auch in Gesamt- NRW erhielt die CDU die meisten Stimmen, nämlich 37,5 %, gefolgt von der SPD mit 32%. Die KPD erreichte 14%, die Deutsche Zentrumspartei 9,8% und die FDP 5,9%. Die restlichen 0,8% gingen an unabhängige Kandidaten und andere Parteien.
Der Landeswahlleiter teilte den Kreisen am 5. Mai schriftlich mit, dass die Wahl „von fast allen Beteiligten unter oft sehr schwierigen Verhältnissen so umsichtig, eifrig und einsatzfreudig ausgeführt [wurde], daß nur ganz wenige Beanstandungen des Wahlaktes erfolgt sind…“
Den Landkreis Wittgenstein kosteten Vorbereitung und Durchführung der Wahl nach eigenen Angaben 637.60 Reichsmark.
Text: Sonja Schäfer, Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein

Quellen:
Kreis Siegen- Wittgenstein, Landtagswahlen 1947 (2. 21.1. (Wahlen.), 8), Bestand Kreisarchiv Siegen- Wittgenstein

Links:

Literatur:
Schiemer, Hansgeorg, 40 Jahre CDU- gestaltend, heimatverbunden, in christlicher Verantwortung- für Siegen-Wittgenstein, Siegen 1986

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