Westfalen wird preußisch – vor 200 Jahren

Diesem Thema widmet die Abteilung Westfalen des Landesarchivs NRW in der diesjährigen Reihe „Archivale des Monats“. Im Januar wird dort der erste Oberpräsident, Ludwig Freiherr Vincke vorgestellt: VinckeJanuar2015

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(Original text : Landschaftsverband Westfalen-Lippe). Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons.

Zur Biographie Vinckes findet sich sowohl ein Eintrag auf Wikipedia als auch in der Allgemeinen Deutschen Biographie. Ferner lassen sich zwei Seiten im Internetportal „Westfälische Geschichte“ finden.

siwiarchiv greift diese Anregung gerne auf und schaut, welche Spuren Vincke in Siegerland und Wittgenstein hinterlassen hat.

In der regionalen Literatur lassen sich folgende Belege finden:

– Eberhard Bauer: Der letzte Besuch des Oberpräsidenten Vincke in Wittgenstein
(Stünzelfest 1844), Wittg. Jg. 57/1969/Bd. 33/H. 2/S. 43-50
– Wilhelm Güthling: Vinckes letze Besuche im Siegerland in: Westfalenpost/Siegerländer Ztg. Jg 6, Nr 11 v. 13.1.1951.
– Wilhelm Güthling: Der Oberpräsident Vincke und das Siegerland in: Siegerländer Heimatkalender. Jg 27, 1952, S. 76-78. (Etwas gekürzt auch in: Unser Heimatland. 1955, S. 120/121.)
– Albert Irle: Einige Anekdoten aus dem Leben des ehem. Oberpräsidenten der Provinz Wetsfalen, von Vincke, Heimatland 1927, S. 95-96
– Heinrich Kochendörffer: Stammbuchblätter des späteren Oberpräsidenten der Provinz Westfalen, Freiherrn Ludwig Vincke. In: Familiengeschichtliche Blätter 34 (1936), Sp. 105-114 (mit knapp 496 u. a. Einträgen von Jung-Stilling).
– Heinrich Kochendörfler: Vinckes Fußwanderung durch das Siegerland in: Siegerland. Bd 12, 1930, S. 130-133.
– Heinrich Kochendörfler: Briefe Jung-Stillings an Ludwig von Vincke- in: Siegerland. Bd 14, 1932, S. 24-31; Bd 17, 1935, S. 10.
– Walter Menn: Der Oberpräsident Ludwig Freiherr von Vincke und das Siegerland in: Siegerland. Bd 10, 1928, S. 81-84.
– Hans-Bernd Spies: Nachrichten vom Wiener Kongress. Briefe Wittgensteins an Vincke, in: Westfälische Forschungen, Band 29, 1978/79, Seiten 247-255

Auch ältere Presseartikel werden in den regionalen Bibliographien nachgewiesen:
Wilhelm Schulte: Der alte Vincke im Siegerland, Münstersche Zeitung, 25.6.1955
Jung-Stilling, Goethe unnd Vincke in: Das Volk. Jg 29, Nr 105 v. 5.5.1917

Jung-Stilling als akademischer Lehrer Vinckes war der Grund für die Präsentation des 3. Bandes der Vincke-Tagebücher in Hilchenbach im Juli 2011. Vincke wanderte von Marburg nach Grund, um seinen Professor in Hilchenbach-Grund zu besuchen. im Tagebuch findet sich daher ein Beschreibung seiner Wanderung durch das Siegerland. Am Rande der Buchvorstellung entstand damals die Idee eines Vincke-Wanderweges.
Peter Kunzmann weist auf die mittelbare Beteiligung Vinckes an der Gründung der Universität Siegen hin.

Ein Blick auf die Literaturliste sowie auf die neueren Erkenntnisse zeigt, dass es sich durchaus lohnen würde, sich regionalgeschichtlich mit Vincke zu beschäftigen.
Folgende archivischen Quellen, beides Bestände des Landesarchivs NRW, Abt. Westfalen, in Münster – sind dabei zunächst in den Blick zu nehmen:
Nachlass Ludwig Freiherr Vincke und Oberpräsidium Münster.

17 Gedanken zu „Westfalen wird preußisch – vor 200 Jahren

  1. Als Einstieg zur Person Vinckes bietet sich vor allem an:
    Ludwig Freiherr Vincke, Ein westfälisches Profil zwischen Reform und Restauration in Preußen, hrsg. v. Hans-Joachim Behr und Jürgen Klosterhuis, Münster 1994 sowie der gleichzeitig erschienene Katalog: Ludwig Freiherr Vincke (1774-1844). Ausstellung zum 150 Todestags des ersten Oberpräsidenten der Provinz Westfalen, Münster 1994.
    Die erste Publikation weist Bezüge zum Siegerland (u.a. Verkehrswesen) auf, die in der Region von den einschlägigen „Forschern“ noch gar nicht wahrgenommen worden sind.

    • Einen knappen Einstieg in Leben und Werk Vinckes bietet: Schleberger, Erwin: Vincke – ein Leben für Westfalen, in: Gr0ßfeld, Bernhard (Hg.): Westfälische Jurisprudenz, Münster 2000, S. 193 – 218. Dank an P.K.!
      Dort findet sich übrigens folgendes Zitat von Annette von Droste-Hülshoff zum Tode Vinckes: „Vincke starb und ward begraben, ohne daß ein Hahn darnach krähte.“

  2. 2 Zitate zu Vinckes Wirken im Siegerland:
    “ …. Der verdienstvolle, allem Neuen aufgeschlossene Oberpräsident von Westfalen, Freiherr Friedr. Wilh. Ludwig von Vincke, unternahm 1835/36 erste Schritte zu einer geregelten Ausbildung der Wiesenbauer, indem er 50 junge Leute aus den 3 westfälischen Provinzen sowie aus Köln, Kurhessen und Breslau unter Anleitung des Siegener Kreishaubergsoberförsters Friedrich Vorländer am Umbau der Wiesen des Stiftes Keppel im Ferndorftal teilnehmen ließ. …..“
    Quelle: Aus einem Text für die Ausstellung der Universitätsbibliothek Siegen zum 150-jährigen Jubiläum „Von der Wiesenbauschule zur Universität“ vom 17.-27. Juni 2003 im Foyer der Universitätsbibliothek und am 28. Juni 2003 zum 2. Alumni-Tag der Universität Siegen im Audimax-Foyer; fußend auf: Annette Schnell: Zur Geschichte der Siegener Wiesenbauschule…, Hausarbeit, Siegen 1980 (maschinenschriftl.).
    2) „…. Das Siegerland wurde ein Teil der Provinz Westfalen, deren Operpräsident Ludwig von Vincke der Eisenwirtschaft besonderes Interesse entgegenbrachte. Er sorgte auch dafür, daß das Siegener Einsenwesen 1819 ein „Regulativ zur Verwaltung des Berg-, Hütten und Hammerwesens“ erhielt, das die überlieferten genossenschaftlichen Privilegienzwar mit vollem Recht für veraltet erklärte, sie aber um der Ruhe willen bestätigte – zum Schaden des Siegerlandes. ….“
    aus Wilhelm Treue: Wirtschafts- und Technikgeschichte Preußens, Berlin 1984, S. 416

  3. Eine Fundgrube sind natürlich die Tagebücher, deren auf 11 Bände angelegte Gesamtedition leider noch ziemlich am Anfang steht; erschienen sind bislang erst die Bände 1 (1789–1792), 2 (1792-1793) und 5 (1804-1810). Die Jahre 1813-1818 deckt vorläufig eine ältere, separate Ausgabe (von 1980) ab. Die regionalen Vincke-Forscher werden sich also wohl noch gedulden müssen, bevor sie quellenmäßig so richtig aus dem vollen schöpfen können.
    P.K.

    • Die Tagebücher sollten allerdings im Original in Münster einsehbar sein. Aber vielleicht startet man hier mit dem Blick in die Überlieferung der beiden Kreise, die mindestens verfilmt hier vorliegt. So findet sich bspw. im Bestand „Kreis Wittgenstein, Landratsamt“ unter der Nr. 838 ein Aktenband mit dem Titel „Korrespondenz mit dem Oberpräsidenten v. Vincke“ (1833 – 1834), der die Korrespondenz mit dem Oberpräsidenten v. Vincke u.a. wegen Gewerbeförderung u. dem Kreis-Gewerbeverein enthält. Dieser Aktenband kann verfilmt im Stadtarchiv Bad Berleburg eingesehen werden.
      Im Bestand „Kreis Siegen, Landratsamt, Schenkung Stadtarchiv, Verzeichnis A“ des Kreisarchivs Siegen befindet sich unter der Signatur A 36 ein Aktenband mit dem Titel „Wegewesen im Kreis Siegen“ (1822 – 1848). Auch hier tritt Vincke in Erscheinung.

      • Natürlich steht es jedem frei, in Münster mal kurz die Originale durchzulesen. Vinckes Handschrift gilt, vorsichtig ausgedrückt, als Herausforderung. Ich glaube, schon Güthling hatte sich einmal an der Herausgabe der Tagebücher versucht und ganz schnell das Handtuch geworfen. Deshalb ja auch der großzügige personelle und zeitliche Rahmen des laufenden Projektes.
        Vincke war ein sehr reisefreudiger Oberpräsident. Aus den persönlichen Notizen sind viele Hinweise auf dienstliche Besuche des Siegerlandes zu erwarten, die nicht immer einen direkten Widerhall in den Behördenakten gefunden haben müssen. Das wären dann Anhaltspunkte für gezielte Recherchen in diversen Archivbeständen, auf die man vielleicht ohne solche Hinweise gar nicht kommen würde. So und nicht anders hatte ich das gemeint. Dass man schon mal mit den selbstverständlichen Provenienzen (Landratsämter, Oberpräsidium, Regierung Arnsberg) starten kann, ist ja trivial.
        P.K.

  4. Im Archiv des evangelischen Kirchenkreises Wittgenstein befindet sich unter der Signatur Kirchengemeinde Wingeshausen Nr. 41 ein Aktenband zum Kirchenbau, der u. a. ein Dankschreiben des Pfarrers Ohly an Oberpräsident Vincke für die gestifteten Kirchenfenster und Bericht über deren Einbau (1831) enthält.
    Im Kirchenkreisarchiv findet sich weiter unter der Signatur Kirchengemeinde Schwarzenau Nr. 42 (Verschiedenes zur Gemeindeverwaltung) die Mitteilung des Oberpräsidenten von Vincke an die Einwohner von Schwarzenau, dass der Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein nicht beabsichtige, ihnen die bisher verpachteten Ländereien zu entziehen (1842). Unter der Signatur Kirchengemeinde Schwarzenau 81 findet sich ein kurzes Anschreiben des Oberpräsidenten von Vincke, in der Streitsache der Gemeinde mit dem Fürsten Wittgenstein-Wittgenstein nicht zuständig zu sein (1843).

  5. Ein allgemeiner Hinweis zum Antisemitismus Vinckes aus der regionalhistorischen Literatur: „…. Der Oberpräsident der Provinz Westfalen und einstige preußische Reformer Ludwig von Vincke äußerte noch 1826 in einem Gutachten, der Jude sei „ein Mensch, der Kunst und Wissenschaft nicht ehrt und sich ihnen nicht widmet, wenn sie nicht unmittelbar zum reichen, raschen Gelderwerb ihm die Aussicht bieten, der den Ackerbau und das Handwerk meidet, weil jede ruhig, anhaltende und körperliche erfordernde Arbeit, die nur langsamen Gewinn verspricht, ihm zuwider ist.“ In einer für den preußischen König bestimmten Stellungnahme machte Vincke als vehementer Anhänger der Judenbekehrung den Vorschlag, alle Juden innerhalb einer Zehnjahresfrist vor die Alternative zu stellen, sich entweder taufen zu lassen oder das Königreich endgültig zu verlassen. ….“
    aus: Dieter Pfau: Die Geschichte der Juden im Amt Ferndort (1797-1941). „Den Juden ist aber hier kein Leid zugefügt worden.“, Bielefeld 2012, S. 24

  6. Siehe dazu den informativen Beitrag „Vincke und die Juden“ von
    Diethard Aschoff und Rita Schlautmann-Overmeyer in:
    H.-J. Behr; J. Kloosterhuis (Hg.), Ludwig Freiherr Vincke. Ein westfälisches Profil zwischen Reform und Restauration in Preußen, Münster 1994, S. 289-308.

    • Danke für diese Ergänzung! Der Hinweis zu dieser Literatur war der Fußnote zum zitierten Passus nicht zu entnehmen. Auch die Literaturliste enthält den Aufsatz nicht. Ob diese antisemitische Haltung Vinckes Auswirkungen auf die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner im Kreisgebiet hatten, ist wohl noch nicht untersucht worden?

    • Vinckes Verhältnis zu Juden ist bereits früher in den Blickpunkt geraten – vermutlich unter anderem Vorzeichen: Wilhelm Steffens: Oberpräsiddent Vincke und der 1. Provinziallandtag 1826 zur Judenfrage in Westfalen, in Westfalen 23 (1938), S. 95 – 104

  7. Pingback: Vincke-Brief in der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen | siwiarchiv.de

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