DVD-Tipp: „Revier hinter den Bergen“

Quelle: mundus.tv

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Wir schreiben das Jahr 1965. Das deutsche Wirtschaftswunder läuft auf vollen Touren und sorgt auch im Siegerland für Wohlstand und Aufbruchstimmung. Die Siegerländer Industrieunternehmen haben weltweit einen hervorragenden Ruf und bringen Produkte besonders im Maschinenbau aber auch in der Elektrotechnik von außerordentlicher Güte hervor. Schon 1965 Grund genug für den WDR eine Fernsehdokumentation über das verschwiegene Land hinter den Bergen, die Siegerländer Industrie und den Siegerländer selbst zu drehen. Ergebnis: Eine zweiteilige rund 50 minütige Fernsehdokumentation mit dem Titel: „Revier hinter den Bergen“.

Die in Siegen ansässige Filmproduktionsfirma mundus.tv hat in den vergangen Jahren auch in Kooperation mit dem Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein bereits zahlreiche historische Filme aus dem Siegerland restauriert und der Öffentlichkeit auf DVD wieder zugänglich gemacht. Sie stieß bei Recherchen im Archiv des Westdeutschen Rundfunks auf dieses einmalige filmische Zeitdokument. „Mit der Veröffentlichung von Revier hinter den Bergen kommen wir einem großen Wunsch vieler Menschen der Region nach, mehr über die Geschichte des Siegerlandes zu erfahren“, so Alexander Fischbach, Inhaber von mundus.tv“. Der Film schaut dabei hinter die Kulissen der Siegerländer Industrie und geht auch auf die Mentalität und Lebensart der Siegerländer ein die maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung dieser Region genommen haben. Denn die Siegerländer – so die Autoren des Films – definieren sich in erster Linie über ihre Wirtschaftsgeschichte. Weit weg von den Orten an denen große Politik gemacht wurde und die Wirtschaft sich zu ballen begann hatte das Siegerland auch aufgrund seiner geographischen Lage bis in die Neuzeit eine geistige, religiöse, politische und wirtschaftliche Sonderstellung eingenommen. Akribisch zeigt der Film „Revier hinter den Bergen“ die Entwicklung des Siegerlandes von den Anfängen in der Latenezeit bis in das Jahr 1965. Dabei beschreiben die Autoren des Films die durchaus vorhandene Eigenbrötelei und Verschlossenheit des Siegerländers keineswegs ausschließlich negativ. Vielmehr sehen Sie in ihr einen gewichtigen Anteil an dem wirtschaftlichen Erfolg der ältesten Montanregion Europas durch die Wahrung und Geheimhaltung der notwendigen technischen Fähigkeiten. Denn nur Siegerländer wurden in die Zünfte aufgenommen. Dies verdeutlicht die Inschrift auf einem Pokal der Zunft der Gerber die da heißt: „Wer uns getreu in dieser Zunft, den geht auch dieser Becher an. Der Pflichtvergessene sich dieser Gnade nicht mehr rühmen kann“. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts befindet sich das Siegerland auf einem wirtschaftlichen Höhepunkt. Auch der Maschinenbau erstarkte durch die große Nachfrage aus dem Bergbau und Hüttenwesen. Der Erste Weltkrieg brachte einen herben Rückschlag und bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erholt sich die Siegerländer Wirtschaft nur schleppend. In den Nachkriegsjahren geistert das Gespenst der Demontage durch die Alliierten im Siegerland. Sollte doch das wirtschaftlich noch weitgehend intakte Herz der Bundesrepublik zerschlagen und zerstört werden. Die Demontage blieb im Siegerland aus und so beeindrucken die 1965 erstellten Filmaufnahmen aus den zahlreichen vorgestellten Industriebetrieben. Ob Waldrich in Siegen, die Geisweider Eisenwerke AG, Fuchs Schrauben oder der Siegerländer Waggonbau. Das Filmteam bereiste zahlreiche Industriebetriebe, Eisenerzgruben und Gießereien. So fehlen auch nicht die für das Siegerland typischen Aufnahmen aus Bergbau und Hauberg. Am 15.04.1962 Schloss die letzte Eisenerzgrube im Siegerland, die Grube Pfannenberger Einigkeit. Aber auch die Zukunft spielt eine gewichtige Rolle. Die Elektrotechnik hielt Einzug. Die Firma Siemag war ganz vorne dabei und stellte die ersten elektronischen Buchungsmaschinen her. Unternehmerische Findigkeit und Erfindergeist überwanden Struktur- und Standortnachteile die bis heute noch nachwirken. Die A-45 befand sich gerade erst im Bau, die Hüttentalstraße befand sich in Planung und die Ruhr Sieg Strecke wurde gerade erst elektrifiziert. Aberwitzig aber in diesem Zusammenhang durchaus notwendig erscheinen da die Bilder von Testfahrten der IHK Siegen mit dem PKW um den ab 1953 formulierten Forderungen der Wirtschaft an die Politik das Siegerland an die Wirtschaftsräume anzuschließen mit Fakten zu untermauern. Zu guter letzt aber nicht minder wichtig. Der Blick in die Siegerländer Ingenieurschule. Hier werden die technischen Eliten nicht nur für das Siegerland ausgebildet. Das Siegerland: ein Schulungszentrum von großer Bedeutung. So endet der Film mit dem hoffnungsvollen Satz: „Das Siegerland hat die Jugend, also auch die Zukunft. Heimatliebe und Weltoffenheit sind keine Gegensätze, die Berge keine Grenze mehr“.

Die Dokumentation „Revier hinter den Bergen“ ist ab sofort als DVD über den Siegerländer Buchhandel sowie über das Bestelltelefon 0271-6819606 erhältlich. Ein sehenswertes Stück Zeitgeschichte.
Quelle: mundus.tv

4 Gedanken zu „DVD-Tipp: „Revier hinter den Bergen“

  1. „Älteste Montanregion Europas“??? „Bis in die Neuzeit eine geistige, religiöse, politische und wirtschaftliche Sonderstellung“??? „Zu Beginn des 20. Jahrhunderts befindet sich das Siegerland auf einem wirtschaftlichen Höhepunkt“??? „Das […] Herz der Bundesrepublik“??? „Die Demontage blieb im Siegerland aus“??? — Kühne Thesen …
    P.K.

    • Kühne Thesen, die der Pressemitteilung der Fa. mundus.tv zum Erscheinen der DVD entnommen wurden.
      Die hier vergebenen Fragezeichen darf man gern als Auftrag an Wirtschaftshistorikerinnen und – historiker verstehen. Im Falle der Demontage bspw. ist die Quellenlage erfreulich gut (Landesarchiv NRW) und die bisherige Forschung erstaunlich gering.

  2. „Mit der Veröffentlichung von Revier hinter den Bergen kommen wir einem großen Wunsch vieler Menschen der Region nach, mehr über die Geschichte des Siegerlandes zu erfahren“. Wenn diese Aussage von Herrn Fischbach stimmen würde, dann müssten die anderen Veranstaltungen zur Siegerländer Geschichte jedesmal überlaufen sein. Dem ist aber nicht so!

    Die Pressemitteilung ist zunächst nur Marketing in eigener Sache, dann Marketing für das Siegerland, den Siegerländer und die Siegerländerin (?, die bleibt dabei meistens außen vor) und inhaltlich wird solange an Sachverhalten herumgebogen, bis sie in die vorgefasste Meinung passen.
    Hier ein Beispiel: „Denn nur Siegerländer wurden in die Zünfte aufgenommen. Dies verdeutlicht die Inschrift auf einem Pokal der Zunft der Gerber die da heißt: „Wer uns getreu in dieser Zunft, den geht auch dieser Becher an. Der Pflichtvergessene sich dieser Gnade nicht mehr rühmen kann“.“ In dem Zitat zur Zunft geht es um Getreue und Pflichtvergessene, aber nicht – wie ich es auch drehe und wende – um SIegerländer. Das entspricht aber dem Niveau der Siegerländer (Heimat-)Geschichtsschreibung, die dadurch glänzt, Altbekanntes immer wieder neu in Worte zu kleiden, niederzuschreiben, zu veröffentlichen und unter das Volk zu bringen – und das einschließlich der vorhandenen Fehler. Der Siegerländer als Erfinder des Perpetuum Mobile der Geschichtsschreibung.

  3. Die Mediengestaltung der DVD enttäuscht sehr. Von einem „Menü“ kann man nicht sprechen, Bonusmaterial (Bei dem Preis!) Fehlanzeige. Und etwas mehr als der schiere Hinweis auf den ursprünglichen Sendeort („Prisma des Westens“) hätte dem Produkt gut getan.

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