Buchprojekt zur Geschichte des Siegerlands und Wittgensteins im 19. Jahrhundert

„Wir werden ein Werk schaffen, das sicherlich für viele Jahrzehnte und die nächsten Generationen das Standardwerk der Siegerländer und Wittgensteiner Geschichte des 19. Jahrhunderts sein wird. Es wird mithelfen zu erklären, wer wir sind, woher wir kommen und warum wir Siegerländer und Wittgensteiner so ticken, wie wir ticken“, so Landrat Andreas Müller jetzt bei der Vorstellung des Buchprojektes „Zeitspuren in Siegerland und Wittgenstein“.

Werfen einen ersten Blick auf die Homepage zum »Zeitspuren«-Projekt (sitzend, v.l.): Historiker Dieter Pfau, Landrat Andreas Müller; (stehend v.l.): Elisabeth Strautz (Kreisarchiv), Kreisarchivar Thomas Wolf, Paul Breuer (Vorsitzender Heimatbund Siegerland-Wittgenstein e.V.), Klaus Vetter (IHK Ehrenpräsident), Klaus Gräbener (IHK Hauptgeschäftsführer), Andreas Dreker (Sparkassendirektor).

Bis Ende 2020 werden der freie Autor und Historiker Dieter Pfau und Elisabeth Strautz vom Kreisarchiv als Hauptautoren das zweibändige Werk erstellen, das sich mit der heimischen Geschichte zwischen 1800 und 1914 beschäftigen wird. Pfau hatte 2009 bereits ein erstes „Zeitspuren“-Buch veröffentlicht, das sich mit dem Früh- und Hochmittelalter zwischen 750 und 1250 beschäftigt.

Herausgeber des Werkes war damals der Heimatbund Siegerland-Wittgenstein e.V., der auch diesmal wieder diese Funktion übernommen hat: „Mit dem neuen Werk kommen wir den heutigen Menschen näher, weil wir ihrer Zeit und ihren direkten Vorfahren näher kommen“, sagt Paul Breuer, der Vorsitzende des Heimatbundes. Er geht davon aus, dass die Inhalte des neuen Buchs auch intensiver diskutiert werden, weil sie die Menschen und ihre Familiengeschichte direkter betreffen.

Neue Dokumente im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz entdeckt
Für die Erarbeitung des Buches beginnen Dieter Pfau und Elisabeth Strautz noch einmal ganz grundsätzlich mit einem Quellenstudium in Archiven. So waren beide bereits im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin. Kreisarchivar Thomas Wolf hatte erfahren, dass sich dort Unterlagen befinden, von denen bisher nicht bekannt war, dass sie noch vollständig erhalten sind. Aufgrund dieser neuen Quellenlage gehen die Autoren davon aus, dass das Buch auch wirklich neue Erkenntnisse liefern wird.

„Das Besondere an unserem Buch wird sein, dass wir neben der Verwaltungsgeschichte einen Schwerpunkt auf die Industrie- und Sozialgeschichte legen und auch die Kulturgeschichte behandeln werden“, erläutert Dieter Pfau: „Denn im 19. Jahrhundert sind die Weichen für vieles gestellt worden, das das 20. Jahrhundert geprägt hat und bis in unsere heutige Zeit hinein wirkt.“ Dazu gehört zum Beispiel die Entstehung von Vereinen, Genossenschaften und Gewerkschaften. Oder auch der Eisenbahnbau: „Der war Segen und Fluch für die Region zugleich“, stellt Pfau fest. Auch die religiösen Erweckungsbewegungen Mitte des 19. Jahrhunderts und ihre Verflechtungen mit der Politik wirken bis heute nach und sind wichtig, um die Region zu verstehen.

Themen damals wie heute: Infrastruktur, Gewerbeansiedlung, Minderheiten
Für das Buch wird Dieter Pfau sich schwerpunktmäßig mit dem Siegerland beschäftigen, Elisabeth Strautz mit Wittgenstein. Das Wittgensteiner Land war Anfang des 19. Jahrhunderts ein Notstandsgebiet, sagt die Mitarbeiterin des Kreisarchivs: Die Menschen hatten nichts zu essen und litten unter einer hohen Steuerlast. „Nur die Luft zu atmen war nicht mit Steuern belegt“, sagt sie. Und die Historikerin weist darauf hin, dass im Laufe des 19. Jahrhunderts viele Themen hoch aktuell waren, die uns auch wieder beschäftigen: Infrastruktur, Gewerbeansiedlung, Minderheiten innerhalb der Bevölkerung: „Es ist spannend zu erforschen, wie die Menschen damals mit diesen Herausforderungen und Umbrüchen umgegangen sind“, sagt sie.

Klaus Vetter wirbt 100.000 Euro Sponsorengelder ein
Dass das neue Zeitspuren-Buch jetzt in Angriff genommen werden kann, ist einer gemeinsamen Initiative von Dieter Pfau, dem Heimatbund, dem Kreis Siegen-Wittgenstein und privaten Sponsoren zu verdanken. Anlass war das Jubiläum „200 Jahre Kreise Siegen und Wittgenstein“ im vergangenen Jahr. Damals hatte der Heimatbund beim Kreis nachgefragt, ob er ein Buchprojekt zu diesem Zeitraum unterstützen würde. Der Kreistag hat das sehr positiv aufgenommen und dafür bis zu 50.000 Euro sowie personelle Unterstützung durch das Kreisarchiv zur Verfügung gestellt. Die Auszahlung der Finanzmittel war aber daran gebunden, dass auch private Unterstützer Geld zur Verfügung stellen.

Diese zu gewinnen hatte sich in den letzten Monaten der IHK-Ehrenpräsident Klaus Vetter zur Aufgabe gemacht – und war dabei überaus erfolgreich: 100.000 Euro hat er für das Buchprojekt eingeworben! „Das finde ich außerordentlich bemerkenswert. Denn es ist mit Sicherheit einfacher, Gelder für ein soziales Projekt einzuwerben als für ein solches Buchprojekt“, bemerkt Landrat Andreas Müller anerkennend und dankte Klaus Vetter für seinen außerordentlichen Einsatz!

Vetter ist selbst stark an der heimischen Geschichte interessiert – insbesondere an der Wirtschaftsgeschichte. Er konstatiert, dass sich die Region in vielen Notzeiten immer wieder neu erfunden und die Krisen ohne Hilfe von außen gemeistert hat.

„Wer seine Geschichte nicht erzählen kann, existiert nicht“
Auch die IHK Siegen gehört zu den Sponsoren des Buchprojektes. Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener machte deutlich, dass sich die Menschen umso mehr nach Geborgenheit und Zugehörigkeit sehnen, je komplexer die Welt werde. Ein solches Buch könne dazu einen Beitrag leisten: „Wenn man wissen will, warum es den Monte Schlacko oder so viele Löcher in unseren Bergen gibt, dann braucht man Kenntnisse davon, wie sich die Region entwickelt hat“, fügte er hinzu.

Mit im Boot der Unterstützer sitzt auch die Sparkasse Siegen. Motto des Jubiläums zum 175-jährigen Bestehen der Sparkasse im letzten Jahr war „Wir leben die Region“. „Das bezieht sich für uns aber nicht nur auf die Förderung von Sport oder Kultur, sondern auch auf solch ein Geschichtsprojekt“, erläutert Sparkassendirektor Andreas Dreker. Warum, machte er an einem Zitat des Autos Salman Rushdie deutlich: „Wer seine Geschichte nicht erzählen kann, existiert nicht.“

Homepage zum Buchprojekt unter www.zeitspuren-siwi.de freigeschaltet
Bis das zweibändige Werk erscheint, werden noch mehr als zwei Jahre ins Land gehen. Doch so lange müssen Geschichtsinteressierte nicht warten, wenn sie in die Siegerländer und Wittgensteiner Geschichte des 19. Jahrhunderts eintauchen wollen. Unter www.zeitspuren-siwi.de wurde jetzt eine Homepage zum Projekt freigeschaltet. Neben allgemeinen Informationen enthält die Seite auch eine Zeittafel, in die im Laufe der Forschungsarbeiten immer wieder interessante Dokumente eingestellt werden. Schon jetzt gibt es dort z.B. die ersten Karten des Siegerlandes und des Wittgensteiner Landes zu sehen. Wer sich über die gewonnenen Erkenntnisse austauschen oder diskutieren möchte, kann das im Blog www.siwiarchive.de, der von Kreisarchivar Thomas Wolf moderiert wird.
Quelle: Kreis Siegen-Wittgenstein, Presseinformation, 15. Juni 2018

s. a. siwiarchiv, 13.6.2018

18 Gedanken zu „Buchprojekt zur Geschichte des Siegerlands und Wittgensteins im 19. Jahrhundert

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