Ausstellung zur deutschen Auswanderung nach Amerika im Kreishaus in Siegen

„Hausaufgabe“ des Landrats
DanielHiesterRüdiger Lentz, Festredner und der Direktor des Aspen-Instituts hat ein „Hausaufgabe“ von seinem Besuch in Siegen mitgenommen. Denn Landrat Paul Breuer war beim Gang durch die Ausstellung eine Ungereimtheit aufgefallen: An einer Stelle ist von Daniel Hiester aus Schlesien die Rede, der dem ersten US-Kongress angehörte. Landrat Paul Breuer ist sich aber sicher, dass Hiester aus Bad Berleburg-Elsoff stammt, was erste Recherchen des Kreisarchivs (s. u.) auch bestätigen. Lentz versprach, dem auf den Grund zu gehen – und falls der Landrat richtig liege, könne er den Eintrag auf der Schautafel gerne überkleben.
Die wohl unrichtige Formulierung, dass Daniel Hiester aus Schlesien emigriert sei (findet sich so auch im englischsprachigen Wikipedia-Eintrag), beruht auf einem Missverständnis: Henry Melchior Muhlenberg Richards widmete sich 1907 in einer biographischen Studie dem Gouverneur Joseph Hiester auch der Familiengeschichte der Hiester. Auf Seite 3 dieser Studie erwähnt er, dass der Stammvater der Hiesters im 14. Jahrhundert in Schlesien auszumachen ist und die Familie(n) von dort aus im Laufe der Jahrhunderte weiterwanderte(n). Auf Seite 4 dieser Studie stellt der Autor allerdings korrekt die Auswanderung des Vaters von Daniel Hiester von Elsoff nach Amerika dar. Die Studie kann auch online eingesehen werden.

Zur Familiengeschichte Daniel Hiesters s. a. Isaac Hiester, The Hiester homestead in Germany (1907); ergänzend sei auf die Berichtigung Wilhelm Hartnacks: „Die Herkunft der in Amerika berühmt gewordenen Hüsters“ In: Wittgenstein. Blätter des Wittgensteiner Heimatvereins e.V., Bd. 41/ 1977/ H.1/ S. 24-26, hingewiesen.

Rüdiger Lentz: „Aktuelle Ereignisse dürfen tiefe Bindungen zwischen beiden Ländern nicht überschatten“

„Es hat nach dem Zweiten Weltkrieg 60 Jahre gedauert, bis die Amerikaner Deutschland nicht nur als wichtigen Partner, sondern auch die deutsche Geschichte innerhalb Amerikas wiederentdeckt haben.“ Das machte Rüdiger Lentz, Direktor des Aspen Instituts in Berlin, jetzt bei seinem Vortrag im Rahmen der Ausstellungseröffnung „Helping Shape America“ deutlich. Die Ausstellung, die bis Ende November im Kreishaus zu sehen ist, widmet sich dem Einfluss der deutschen Einwanderer auf die amerikanische Politik von den ersten Einwanderern bis heute.

Lentz war lange Jahre Direktor der German-American Heritage Foundation, die im Jahr 2010 in Washington ein Museum eröffnet hat, das an das Erbe der deutschen Einwanderer erinnert. In seiner Begrüßung würdigte Landrat Paul Breuer das Engagement von Rüdiger Lentz. Es sei gut, dass es in der wichtigsten Hauptstadt der Welt neben dem bedeutenden Holocaust-Museum ein weiteres Museum gebe, in dem Deutsche eine zentrale Rolle spielen.

Breuer ging in seinen Ausführungen auch auf die Geschichte der Auswanderer aus Siegerland und Wittgenstein nach Nordamerika ein. 2014 jährt sich zum 300. Mal die erste große Auswanderungswelle. Während aus Wittgenstein vor allem Pietisten aus Glaubensgründen nach Amerika auswanderten, etwa die Wiedertäufer aus Schwarzenau um Alexander Mack, waren es im Siegerland Bergbau-Fachleute, die aus den Vereinigten Staaten angeworben wurden. „Diese ersten Auswanderer, die schon damals die Mischung aus konservativen Werten und Unternehmergeist, die unsere Region auch heute noch prägen, in vielfältiger Weise verkörperten, haben unsere Kultur und unsere Lebenseinstellungen in das amerikanische Leben integriert und viele Spuren hinterlassen“, so der Landrat.

Gerade in den letzten Jahren hat sich der Kontakt zwischen den Nachfahren dieser ersten Auswanderer in Pennsylvania und Virginia und ihrer alten Heimat wieder verstärkt, stellte der Landrat fest und erinnerte an die Womelsdorf family association, die Dreisbach family association oder die Germanna Foundation.

Breuer würdigte auch die Arbeit der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft Siegerland-Wittgenstein. Sie engagiert sich intensiv für den Austausch zwischen den Nachfahren der Auswanderer und der Region Siegen-Wittgenstein. Zugleich dankte Breuer dem Vorsitzenden der Gesellschaft Jörg Müller dafür, dass es ihm gelungen ist, die Ausstellung „Helping Shape America“ nach Siegen zu holen. Der Wert der Ausstellung werde alleine dadurch deutlich, dass sie Ausstellungseröffnung ‚Helping Shape America‘ (v.l.): Jörg Müller, Vorsitzender der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft Siegen-Wittgenstein, Landrat Paul Breuer, Rüdiger Lentz, Direktor des Aspen-Instituts Berlin, und Volkmar Klein, MdB.zuvor im US-Senat und im Repräsentantenhaus zu sehen war, so der Landrat.

Der heimische Bundestagsabgeordnete Volkmar Klein führte anschließend den Festredner Rüdiger Lentz ein, und stellte ihn dem Publikum vor – u.a. mit dem Hinweis, dass Lentz eine Siegen-Wittgensteiner Vergangenheit hatte: Er ging nämlich in Bad Laasphe zur Schule. Dies sei aber dem Umstand zu schulden, dass er in Schleswig-Holstein von der Schule geflogen sei und seine Eltern nur noch einen allerletzten Rettungsweg sahen: das Internat Schloss Wittgenstein – bekannte Lentz anschließend freimütig.

In einer hoch kompetenten, kurzweiligen und höchst spannenden Rede ging Lentz auf historische und aktuelle Entwicklungen in den USA ein. Das Abhören der Kanzlerin durch die NSA verurteilte er und unterstrich die Aussage der Kanzlerin „Freunde abhören, das gehe überhaupt nicht“. Aus dem Weißen Haus habe er erfahren, dass man von den Reaktionen aus Deutschland überrascht und sehr betroffen sei und nun reagieren werde. So werde über ein „No-Spy“-Abkommen gesprochen.

Die aktuelle US-Politik sieht Lentz auf einem gefährlichen Weg in eine Sackgasse. Das harte, konfrontative Austragen von Konflikten entspreche grundsätzlich der US-Mentalität, nach dem Motto „Der Stärkere gewinnt“. Allerdings habe das inzwischen dazu geführt, dass Republikaner und Demokraten im Kongress zunehmend ihre Konsensfähigkeit verlieren würden, so Lentz. Gerade jüngst habe er aber einen Kommentar gelesen, in dem die Frage aufgeworfen wurde, ob der Weg des Konsenses, wie er in Deutschland praktiziert wird, nicht doch vielleicht ein gutes Modell für Amerika sein könne.

Die Beziehungen zwischen Amerika und Deutschland hätten sich in den vergangenen Jahrzehnten etwas abgekühlt, auch deshalb, weil es z.B. immer weniger US-Soldaten gibt, die einmal in Deutschland stationiert waren, analysierte der Direktor des Aspen-Instituts. Auch die aktuelle politische Diskussion trage zu dieser Entfremdung bei. Doch gebe es viel tiefere Bindungen zwischen beiden Ländern, „die von den aktuellen Ereignisse nicht überschattet werden dürfen“, appellierte Lentz an die Zuhörer. Und so schloss er den Kreis wieder hin zur Ausstellung: Erstmals gebe es jetzt im US-Kongress einen Zusammenschluss von Abgeordneten, die deutsche Vorfahren haben oder sich zu Deutschland bekennen. „Das ist zwar noch eine kleine, aber sehr aktive Gruppe“, so Lentz – die Gruppe sei aber ein gutes Beispiel dafür, dass sich die Amerikaner wieder neu die positiven Einflüsse der Einwanderer aus Deutschland bewusst machen und diese zu schätzen wissen.

Quelle: Pressemitteilung des KReises Siegen-Wittgenstein, 19.11.2013

5 Gedanken zu „Ausstellung zur deutschen Auswanderung nach Amerika im Kreishaus in Siegen

      • Der erste Teil der Gleichung steht so im Text. Wenn man (worin sich anscheinend alle Redner einig waren) behauptet, 1. deutsche Einwanderer hätten die USA in überdurchschnittlichem Maße positiv beeinflußt, 2. die „US-Mentalität“ (was immer das sein soll) sei problematisch, 3. das würde sich zum Guten ändern, wenn man sich wieder auf die positiven deutschen Einflüsse besänne, dann folgt daraus rein logisch der zweite Teil der Gleichung: Die Einwanderer aus anderen Ländern hätten die jungen USA weniger positiv beeinflußt als die Deutschen oder seien gar schuld an den Unerfreulichkeiten der US-Politik. Die Italiener hatten die Mafia mitgebracht, die Iren den Alkoholismus, die Engländer das Fausstrecht („Motto: Der Stärkere gewinnt“ – eine in Deutschland und speziell im Siegerland wohl absolut unbekannte Lebenseinstellung???), die Chinesen das Fast Food, usw. — Kann man denn nicht einfach mal die Proportionen wahren? „Ergebnisse einer Volkszählung aus dem Jahr 1979 zeigten, daß fast 29 Prozent aller Amerikaner deutsche Vorfahren hatten.“ (http://usa.usembassy.de/etexts/ga-ad092883.htm) Wen wundert es, dass sich darunter auch Menschen befanden, die „positiven Einfluss“ auf die amerikanische Gesellschaft hatten, z.B. die erwähnten „Bergbau-Fachleute“. Jede andere Siedlernation könnte aber das gleiche von sich behaupten. Manche Siegerländer scheinen aber ein Problem damit zu haben, dass sie ganz normale Menschen wie alle anderen sind und dass ihr Ländchen nicht der Nabel der Welt ist.
        P.K.

          • Ich habe nicht die Ausstellung kommentiert, sondern den obenstehenden Text.
            Historische wie aktuelle Belege für provinziellen Dünkel finden Sie auch ohne mich bis zum Abwinken. (Ich behaupte nicht, dass es sich dabei um ein exklusiv Siegerländer Phänomen handeln würde.)
            P.K.

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