100 Jahre Frauenwahlrecht: Hedwig Heinzerling

Tabellarischer Lebenslauf

Hedwig Heinzerling (undatiert, zwischeen 1952 und 1956) , Quelle: Stadtarchiv Siegen, Fotodokumentation Historische Alben, Fo 153 Ausschnitt

Hedwig Anna Marie Marianne Elise Lucie Heinzerling
• Geboren am 12.06.1882 in Siegen
• Gestorben am 04.05.1973 in Siegen
• Tochter des Reallehrer Dr. Jakob Heinzerling und Helene Heinzerling, geborene Neff
• Familienstand: Ledig
• Konfession: Evangelisch

Politisches & Soziales Engagement

• wurde oft bezeichnet als „Politikerin und Pädagogin von großem Format“
• leistete große soziale Verdienste
• pflegte eine starke Überzeugung „für eine demokratische, soziale Gesellschaft, für vernünftige Kommunalpolitik […], für fortschrittliche Pädagogik, für verantwortungsbewußte Sozialarbeit, [und] für die Gleichberechtigung der Frau in allen Bereichen der Gesellschaft.“
• Frau Heinzerling fühlte sich als Frau „mitverantwortlich dafür, jene gesellschaftliche Prozesse aktiv mitzugestalten, die sie als notwenig und richtig erkannt hatte.“
• ihre Einstellung änderte sich auch nicht nach ihrem Ruhestand
• In ihren letzten Jahren war sie noch aktiv mit städtischen Problemen beschäftigt
• ihre erste wohltätige Arbeit verrichtete sie nach der Jahrhundertwende im „Armen-Unterstützungsverein“
• schon in ihren jungen Jahren trat sie aktiv für eine sozialere Gesellschaft ein
• „In Zusammenarbeit mit der Stadt Siegen, mit dem Verein Volkswohl und dem Frauenverein des Roten Kreuzes sorgte sie dafür, daß am Wellersberg die erste Siegener Kinderkrippe gegründet wurde, aus der später das DRK-Kinderkrankenhaus entstand.“
• sie war zudem beteiligt an einer Einrichtung eines weiteren Kinderhortes in der Hindenburgstraße
• nach dem Ende des Ersten Weltkrieges ging Hedwig Heinzerling in die Politik
• diese Entscheidung war „damals ein unerhörter Entschluss für eine Frau, nachdem gerade erst den Frauen das Wahlrecht zuerkannt worden war.“
• trotz allgemeinen Misstrauens und Ablehnung setzte sie sich durch
• sie schloss sich damals der neugegründeten „Deutsch-Demokratischen Partei“ (DDP) an
• über mehrere Wahlperioden vertrat sie die DDP in der Siegener Stadtverordnetenversammlung
• von 1920-1929 hatte sie einen Platz im Rat der Stadt Siegen
• nach der Auflösung der DDP trat sie der neu gegründeten Nachfolgerpartei „Deutsche Staatspartei“ (DStP) bei
• in der Zeit des Nationalsozialismus übte Frau Heinzerling politische Abstinenz aus und konzentrierte sich voll auf ihre pädagogischen Aufgaben
• nach dem Ende des zweiten Weltkrieges setzte sie diese Kraft für den Wiederaufbau ein
• „Vor allem die Wiederherstellung und erfolgreiche Weiterführung der Arbeit an der Berufs- und Berufsfachschule war ihr besonderes Anliegen“
• von 1945-1956 stand sie als Stadtverordnete der FDP im Siegener Rat für „den Bau und die Ausstattung von Kindergärten, für die Förderung des Stadtkrankenhauses und des DRK-Kinderkrankenhauses, für soziale Fragen im weitesten Sinne, [und] für Probleme des Schulwesens.“
• „Ihr unermüdlicher […] Einsatz für mehr Toleranz und Demokratie, für soziale Gerechtigkeit und für die Rechte der Frauen wurde 1956 mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande gewürdigt.“
• Hedwig Heinzerling erhielt zudem 1966 den Ehrenbrief der Stadt Siegen als Auszeichnung

Ausbildung
• Volkschule
• Höhere Mädchenschule
• 1907 Sprachexamen in Französisch, am 19.10 in Berlin
• 1907-1908 Sprachseminar in Berlin
• 1908 Sprachexamen in Englisch, 29.04 in Berlin
• 1909-1910 Handelsseminar in Berlin
• 1910 Handelslehrerinnenexamen
• Desweiteren besuchte Frau Heinzerling Seminare der Universität Genf, des Oxford College London und des Ecole des Hautes Etuees Fraiale in Paris

Beruflicher Werdegang

• 1910 Tätig als Praktikantin vom 01.10. bis zum 30.11. auf Büros in Berlin und Siegen
• 1910-1911 Sprach- und Handelslehrerin vom 01.12.1910 bis zum 31.03.1911 im Lette-Verein, Berlin
• 1911 Tätig als Praktikantin vom 10.04. bis zum 31.07. auf Büros in Berlin und Siegen
• 1912-1913 Sprach- und Handelslehrerin vom 01.04.1912 bis zum 31.03.1913 in der Staatlichen Handels- und Gewerbeschule, Posen
• 1913 Sprach- und Handelslehrerin vom 01.04. bis zum 30.09. in der Städtischen Frauen- und Mädchen-Bildungsanstalt, Berlin
• 1913-1916 Sprach- und Handelslehrerin vom 01.10.1913 bis zum 30.09.1916 in der Staatlichen Gewerbeschule für Mädchen, Hamburg
• 1919 Eintritt am 15.05. in den Schuldienst des Zweckverbandes der Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen für den Stadt- und Landkreis Siegen
• Suspension am 01.06.1945 vom Amt der Gewerbehandelsoberlehrerin nach Verfügung des Regierungspräsident in Arnsberg auf Anweisung der Militärregierung
• Tätig vom 01.06.1945 bis zum 15.08.1945 im Dolmetscherbüro des Landratsamtes
• Direktorstellvetreterin der Gewerblichen Berufsschule für Jungen ab dem 16.08.1945
• Verwendung im Schuldienst ab September 1945
• Offizielle Zulassung zum Schuldienst am 01.10.1945 durch die Militärregierung
• Bestätigung der Zulassung am 02.02. 1946durch die Militärregierung
• Es wird von dem Zweckverband überlegt, die Leitung der Gewerblichen Berufsschule für Jungen an Frau Heinzerling zu übergeben, sobald der derzeitige Herr Direktor Breitenbach in den Ruhestand tritt
• Die Leitung sollte solange übergeben werden, bis der Zweckverband die Stelle ausschreiben und einen passenden Kandidaten finden würde
• Bereits vorher musste Frau Heinzerling die Schule eigenhändig leiten, da Herr Direktor Breitenbach seinen Behinderungen stark unterlegen war
• Verschiebung ihres festgelegten Ruhestandes am 31.06.1947 bis zum 01.04.1948
• Niederlegung der Leitung der Gewerblichen Berufsschule für Jungen am 01.10.1947 beim Eintritt des neuen Herrn Direktor Fries
• Übernahme der Leitung der hauswirtschaftlichen und kaufmännischen Schulen
• Niederlegung des Amtes am 01.04.1948beim Dienstantritt von Frau Röser, die die Leitung dann übernahm
• Ruhestand am 30.06.1948 und wurde am 01.07.1948 mit einer Abschiedsfeier endgültig entlassen
• 1951-1952 Augrund eines Lehrerausfalls erklärte sich Frau Heinzerling bereit, 8 Stunden wöchentlich Englischunterricht in zwei Handelsschulklassen zu geben, bis vorraussichtlich Ostern 1952

Literatur/Quellen

• Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein, Personalakte Hedwig Henzerling.

o Brief des Herrn Direktor Döring, 10. Januar 1952
o Brief des Oberbürgermeisters Siegen, 29. Mai 1945
o Brief des Oberbürgermeisters Siegen, 27. August 1945
o Brief des Regierungspräsidenten in Arnsberg, 28. Juni 1947
o Brief des Zweckverbandes der Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen für den Stadt- und den Landkreis Siegen, 16. Dezember 1946
o Brief des Zweckverbandes der Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen für den Stadt- und den Landkreis Siegen, 16. März 1947
o Brief des Zweckverbandes der Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen für den Stadt- und den Landkreis Siegen, 1. Juli 1948
o Geburtsurkunde, ausgestellt am 19. Juni 1944
o Personalbogen für Berufsschulkräfte, ausgefüllt von Frau Heinzerling, 29. Mai 1946
o Programmplanung zur Verabschiedung von Frau Heinzerling an Oberkreisdirektor Dr. Moning, 24. Juni 1948

• Traute Fries: „Die Deutsche Friedensgesellschaft im Bezirk Sieg-Lahn-Dill in der Weimarer Republik“, Siegen 2013
• Siegener Zeitung, 5. Mai 1973
• Westfalenpost, 5. Mai 1973
• Westfälische Rundschau, 8. Juli 1948

Ergänzend s. a. Frauenrat der Universität-Gesamthochschule Siegen (Hrsg): Auf den Spuren der Siegenerinnen. Materialien zu einem Stadtrundgang „Frauen in der Geschichte Siegens“, Band I Frauen im Siegerland, Siegen 1996

[Anm.: Der Text entstand als Aktenauswertung im Rahmen eines Praktikums (R.M.) im Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein]

2 Gedanken zu „100 Jahre Frauenwahlrecht: Hedwig Heinzerling

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